Hallo, liebe Community,
ich hatte ja die große Freude, am vergangenen Wochenende den Polestar 1 fahren zu dürfen.
Es ist ein großartiges Auto. Das Design ist ein absoluter Hingucker. Die technischen Raffinessen suchen ihres gleichen und die geballte Kraft zu zähmen erfordert schon ein gewisses Maß an Versteifung des Fußgelenks.
Ich habe den Wagen am Freitag um 18.00 Uhr auf den Hof gestellt bekommen. Dann durfte ich Carl Christian Werner von Polestar Deutschland anrufen, der mir dann die Besonderheiten des Hybrids erklärt hat. Und bestimmt 10x kam der Hinweis: „Und passen Sie auf die Felgen auf. Halten Sie sich von Bordsteinen fern bla bla!“
Dazu vorab: Die Felgen stehen schon verdammt weit raus und man kommt einem Bordstein näher, als einem lieb ist. Aber es ist alles gut gegangen.
Frisch gewaschen und mit 3/4 vollem Tank habe ich dann den Fahrer wieder an den Bahnhof gefahren und mich etwas mit dem Wagen vertraut gemacht. Vieles ist Volvo. Einiges kenne ich vom Polestar 2 und der Rest ist eigentlich ganz intuitiv.
Dann am Samstag morgen zum Brötchenholen den klobigen Schlüssel genommen und aufgesperrt. Ja, ihr hört richtig: Auch der Polestar 1 hat diesen Schlüsselkasten. Zwar mit einen umlaufenden Chrom-Inlay, aber ansonsten genau identisch mit den Plastikklötzen vom Polestar 2.
Also: Reingezwängt in den exklusiven Ledersitz. Perfekter Halt, angenehme Sitzposition. Wählhebel, Gaspedal --> nix passiert. Hmmm. Nanu? Ach ja, da war ja was: Man. muss den Wagen starten!!! Und dann voll-elektrisch zum Bäcker und zurück. Mit 2x116 PS auf der Hinterachse. Dann ausgestiegen und was soll ich sagen: Der wollte nicht verriegeln. Na klar, ich hatte vergessen, den Wagen auszuschalten. Wie schnell man sich an den Komfort doch gewöhnen kann.
Nach dem Frühstück dann mal ab auf die Autobahn, um die verschiedenen Fahrmodi zu testen. Leider eine Baustelle an der nächsten. Oder Geschwindigkeitsbeschränkungen von 120/130 km/h. Und als es frei wurde: Wolkenbruch. Das war also nix. Dann über die Landstraße zurück und was soll ich sagen: In jeder Ortschaft gab es Menschen mit Halswirbel-Problemen, die ihren Kopf so komisch zu mir umgedreht haben. Insbesondere dann, wenn der Benzinmotor zugeschaltet wurde.
Nachmittags dann noch bei einigen Kumpels vorbei und mit einem auch eine Testfahrt gemacht. Der wollte es gar nicht fassen, dass man so ein Auto wirklich bauen kann.
Am Sonntag bin ich dann mit Conan zum Huskyhof nach Ruhlkirchen gefahren und hab den Züchtern mal wieder einen Besuch abgestattet. Leider war bei der Spritztour auch der Himmel sehr feucht und erneut prasselte ein Wolkenbruch nieder, nachdem ich mal kurz bei 250 km/h die Abriegelung gemerkt hatte. Da hatte doch tatsächlich ein GTI gemeint, er könne mit lächerlichen 210 km/h auf der linken Spur bleiben… Also neeeee! Den „POWER-Mode“ eingeschaltet und mal eben die 609 PS bei 1000nm abgerufen. Hui, das macht schon Spaß!
Aber wie gesagt, die Freude währte nur kurz, dann musste die Geschwindigkeit aber richtig gedrosselt werden, weil das Wasser regelrecht auf der Fahrbahn stand, so hat es geschüttet.
Und dann musste ich doch tatsächlich an eine Tankstelle und nachtanken. Das ist mir ja seit 1. September 2020 nicht mehr passiert… Da ging es dann schon los: Wie krieg ich eigentlich die Tankklappe auf. Vielmehr: Häh? der hat ja gar keinen Tankverschluss??? Tatsächlich muss man von innen den Tanksstutzen entriegeln. Nur dann kann man den Rüssel im Loch versenken.
Abends dann wieder nach Hause und den Wagen gesäubert, weil so ein Hund doch etwas Dreck hinterlässt.
Apropos Hund: Der musste auf den Rücksitz, was gar nicht so einfach war. Die Ledersitze vorne lassen sich nur elektrisch umklappen. Und bis der Sitz vorgefahren und umgeklappt ist, wäre der Hund gerne schon 10x eingestiegen… Das ist für den Alltag nix.
Ebenfalls Alltags-Untauglich ist der Kofferraum. Ne Kiste Bier geht vielleicht rein - aber nur die kleinen Fläschchen. Die elektrischen Hochvolt-Bauteile hinter der Acryl-Platte sehen ja toll aus, aber, naja, was bringt mir das?
Heue morgen wurde er wieder abgeholt und es war schon schön. Aber für mich ist der Wagen nichts. Abgesehen mal vom Preis aus einer anderen Welt sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die ich so nicht gebrauchen kann.
Ich möchte ihn jetzt mal mit dem Polestar 2 vergleichen. Ich weiß, dass es unterschiedliche Kategorien gibt, aber mal ehrlich: vergleichen tut man doch immer, oder?
Design:
Da gewinnt eindeutig der Polestar 1. Es ist für mich wirklich das zur Zeit schönste Sportcoupé auf dem Markt.
Qualität der Ausstattung:
Auch hier gewinnt der Polestar 1. Das ist aber auch klar, bei dem Preisunterschied. Auch die Ablagemöglichkeiten im Fahrzeug sind besser platziert. Das ist aber auch dem geschuldet, dass es eigentlich ein Zweisitzer mit „verkümmerter“ Rückbank ist.
Cockpit und Infotainment
Hier gewinnt meiner Meinung nach unser Polestar 2. Allein das riesige Centerdisplay und natürlich unschlagbar die Google-Navigation machen ihn zum absoluten Sieger. Das Display des P1 ist mickrig gegenüber dem „Tablet“ im P2. Und die Spracheingabe funktioniert, naja sagen wir mal, mäßig gegenüber dem google-Assistent. Die Navigation selbst ist auch gewöhnungsbedürftig. Im Fahrerdisplay ist wirklich nur die blaue Fahrlinie und ein paar abzweigende graue Streifen zu erkennen. Im Centerdisplay halt auch nur ein relativ kleiner Ausschnitt der Karte. Da ist der P2 um viele Längen besser.
Auch die Übersichtlichkeit des Fahrerdisplays finde ich beim P2 besser. Da ist echt nur das Nötigste drauf. Ok, der P1 braucht halt noch ein paar Anzeigen für den Hybrid-Anzeigen, aber die machen die Angelegenheit echt kompliziert.
Alltagstauglichkeit
Hier gewinnt der P2 um Längen. Der Kofferraum, die vier Türen und die einfache Handhabung sind mehr als praktisch. Der P1 ist schön, ein Hingucker, aber nicht praktisch, wenn es um die Alltagstauglichkeit der Mehrheit der deutschen Bevölkerung geht. Wenn ich mal so viel Geld hätte, dass ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll, dann würde ich mir vielleicht einen kaufen. Aber als „nutzbringendes“ Fahrzeug ist er nicht geeignet.
technische Unterschiede / Gemeinsamkeiten
Der Gang-Wählhebel im P1 lässt immer nur eine Änderung bei Zug oder Druck zu. Wenn man also von „R“ auf „D“ stellen will, muss man wirklich zwei Mal ziehen. Das geht beim P2 deutlich angenehmer mit dem „Doppelklick“.
Im P1 kann man die Tempomaten alle am Lenkrad einstellen und muss nicht über ein Menü im Centerdisplay umständlich wechseln. Wenn kein Assistent aktiv ist, kann man mit den Pfeilen nach links und rechts des linken Options-Schalters am Lenkrad durchschalten. Es gibt den Limiter, ACC und Lenkassistent. (Der Spurhalteassistent war übrigens aus, was bei dem Auto auch besser ist auf Landstraßen).
Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert einwandfrei. Die Kameras haben Tagesaktuelle Baustellen-Schilder erkannt und angezeigt, die Datenbank scheint auch aktueller zu sein als die von google, denn wo Google mir auf meiner täglichen Strecke noch Beschränkungen anzeigt, die längst weg sind, veräppelt mich der P1 nicht.
So ein Wochenende ist natürlich zu kurz, um das Auto wirklich kennen zu lernen, aber es hat Spaß gemacht.
Wenn ihr mich fragt: „Eins, zwei oder…? Du musst dich entscheiden…“ dann sag ich ohne zu zögern: ZWEI! Der passt zu mir.
In diesem Sinne: Danke an Polestar für das Erlebnis. Jetzt rüstet den P2 mal mit den fehlenden Features auf und verbessert die Mängel, die unsere Community schon lange beschäftigt.