Moin, kann mir jemand erklären wie man bei einer Batteriekapazität (Netto) von 78 kWh bei einem WLTP kombinierten Verbrauch von 14,8 kWh/100 km auf eine WLTP Reichweite von 655 km kommt. Danke
Im angegeben Durchschnittsverbrauch von kWh/100km sind Ladeverluste enthalten. Die Reichweiten der Fahrzeuge werden nicht inklusive der Ladeverluste berechne, sondern anhand des Verbrauchs in den Testzyklen (WLTC) Die beiden Werte lassen sich also nicht einfach „hin- und her rechnen“. Details dazu kennt Tante Google sehr gut.
Das liegt daran, dass der WLTP Zyklus nur eine sehr geringe Durchschnittsgeschwindigkeit hat, die man nur dann erreicht wenn man viel Stadt und wenig Autobahn fährt. Daher beträgt die WLTP Durchschnittsgeschwindigkeit auch nur 46,5 km/h! Genau genommen besteht der Zyklus sogar aus vier Teilzyklen (Low, Medium, High, Extra High). Der Zyklus wurde als „praxisgerechterer“ Nachfolger des NEFZ- Zyklus definiert - noch im Verbrennerzeitalter. Da Verbrenner im ggs. zu BEVs im Stadtverkehr einen sehr hohen Verbrauch haben, passt WLTP eigentlich nicht mehr so recht ins Zeitalter der E-Mobilität.
Details kann man bei Wikipedia nachlesen oder sich das YouTube Video von Alex Bloch dazu anschauen.
Alex Bloch: Deshalb ist WLTP bei E-Autos Schwachsinn!
…recht gut beschrieben ist das z.B. hier:
https://www.electrive.net/2022/04/02/wie-die-wltp-reichweite-von-elektroautos-ermittelt-wird/
Habe ich mir auch gerade durchgelesen. Wie was gewichtet wird steht da aber nicht genau und die ominösen Ladeverluste machen das ganze für mich zur Blackbox.
Für mich als jemand der noch mit Benziner groß geworden ist und man mit dem Volumen des Tanks und dem Verbrauch die Reichweite ausrechnen konnte ist so was nicht verbrauchertauglich.
Aber das „Volumen“ der Batterie kennst du, den Verbrauch zeigt der Bordcomputer und die Restreichweite wird angezeigt.
Unterm Strich bleibt, dass der WLTP Verbrauch bzw. die WLTP Reichweite reichlich praxisfern sind. Vor allem dann wenn man (wie ich z.B.) als Dienstwagen jetzt ein BEV fahren muss - aus firmeninternen CO2 footprint-Gründen. Bin bisher einen BMW 320D gefahren. Auf der Autohahn häufig flott unterwegs - wo möglich/erlaubt. Da fährt man 800…1100 km weit mit einer Tankfüllung. Also habe ich ein BEV gesucht mit möglichst großer Reichweite und bin beim P2 SMLR hängen geblieben (auch weil mir das Auto gut gefällt und ich nach der Probefahrt ein ähnliches Fahrgefühl wie beim 3er festgestellt habe). Realistisch rechne ich zukünftig mit Verbräuchen von 20…25 kWh/100 km. Wobei Fahrten mit 200 km/h zukünftig wohl eher eine sehr seltene Ausnahme sein werden. Ich werde vermutlich Langstrecken mit 120…130 km/h „dahinbummeln“. Schneller ergibt wenig Sinn, weil ich dann nur häufiger/länger laden muss.
Das Optimum im Hinblick auf die Gesamtfahrzeit auf Langstrecke mit ein oder mehreren Ladestopps liegt beim ‚alten‘ LRDM tatsächlich bei 140-150km/h. Mit niedrigeren Verbräuchen und höheren Ladegeschwindigkeiten verschiebt sich die optimale Geschwindigkeit sogar noch nach oben.
Am Besten in ABRP ein paar Szenarien durchspielen.
Kein Normverbrauch - egal wie gemessen - spiegelt den realen Fahrbetrieb wieder. Taugt allerdings/nur, um verschiedene Fahrzeuge zu vergleichen.
d.h. Polestar gibt in dem Fall 19,5% Ladeverlust an
Oder stimmen die 78kWh nicht und da wird noch die „Reserve“ bis zum Stillstand addiert
Das ist ja interessant.
Wo kommt denn dieser Wert für die Ladeverluste denn her und für welchen Ladefall gilt der:
- Ladung Wechselstrom/einphasig?
- Drehstrom/dreiphasig (i.d.R. Wallbox mit max 11 kW)?
- DC Ladung am Schnelllader?
19,5% ist relativ hoch und das dürften vermutlich die Ladeverluste bei einphasiger Wechselstromladung sein. Bei Drehstrom wären Werte um 10% erwartbar, bei DC-Ladung noch weniger (wobei hier der Großteil der Ladeverluste im DC-Charger auftreten dürfte - also bevor in der Ladesäule der bezogene Energiemenge gemessen wird). Durch die Gleichrichtung im Fahrzeug entstehen bei der AC-Ladung unvermeidlich höhere Verluste als bei DC-Ladung, wo die Gleichrichtung im Charger passiert.
Bei 78 kWh Batterieenergieinhalt und 19,5% Ladeverlusten müsste die Ladeinfrastruktur eine Energiemenge von 96,9 kWh zur Verfügung stellen (100%), welche natürlich auch bezahlt werden müssen.
Komisch: bei einem Verbrenner hat man sich über die viel höheren Verluste viel weniger Gedanken gemacht. Ein Liter Benzin hat einen Energieinhalt von ca. 9 kWh. Bei einem Verbrauch von 7 L / 100km wären das über 60 kWh auf 100 km! Hier entstehen die Verluste allerdings nicht beim „Laden“ (=tanken), sondern durch den ineffizienten Energieumwandlungsprozess der Wärmekraftmaschine. Bezahlen muss man das so oder so.
Viel komplexer und realitätsferner als man sich das vorstellen mag…
Das hier fand ich eine gute Erklärung des Verfahrens, wobei ich aber auch sagen muss, dass sich mir die Details nicht komplett erschlossen haben.
Der Bericht enthält eine sehr gute und detaillierte Zusammenfassung des WLTP. Der mMn. entscheidende Abschnitt ist dieser:
„Für die Reichweitenberechnung wird die gesamte, während der Testprozedur entnommene Energie der Batterie durch den kombinierten Verbrauch geteilt. Die angegebene Reichweite ist also nicht die Strecke, die das Fahrzeug während der Testprozedur zurückgelegt hat, sondern ein errechneter Wert aus entnommener Energiemenge (was ungefähr dem Netto-Energieinhalt der Batterie entspricht) und dem Verbrauch, der während der Testzyklen gemessen wurde.“
…entnommene Energie der Batterie durch den kombinierten Verbrauch geteilt.
Genau hierin besteht das Problem des WLTP in Zusammenhang mit BEVs! Der „kombinierte Verbrauch“ entspricht i.d.R. nicht einem realistischen Verbrauch - vor allem nicht bei Langstreckenbetrieb mit hohem Autobahnanteil und entsprechend höheren Durchschnittsgeschwindigkeiten.
Wenn ich längere Strecken in DE fahre (das sind dann mehrere hundert Kilometer mit hohem Autobahnanteil), komme ich auf Durschnittsgeschwindigkeiten von ca. 110 km/h im bisherigen Verbrennerbetrieb. Im ggs. dazu ist die WLTP Durchschnittsgeschwindigkeit geradezu lächerlich niedrig. Diese wäre vielleicht für Taxifahrer relevant…
This! Wenn man in einem Gebiet mit guter Infrastruktur ist, lohnt sich das bei den (meiner Erfahrung nach) zuverlässigen Ladegeschwindigkeiten beim P2 definitiv. Voraussetzung ist natürlich ein „überwiegender“ Autobahnanteil, um die Durschnittsgeschwindigkeit entsprechend zu heben.
Mit dem Speed sind aber auch nur realistische 220-250km im SoC-Fenster von 10-80% drin.
und nicht vergessen: die Windkomponente macht immens viel aus, das sind schnell mal künstliche 20-30km/h mehr, wenn es direkt von vorne kommt, mit entsprechendem Mehrverbrauch.
Vielen Dank für diese praktischen Hinweise!
Ich werde das dann demnächst selbst „erfahren“, wenn mein P2 dann geliefert wurde (im Moment hat man mir Mitte-Ende April mitgeteilt). Aktuell fahre ich ja noch Verbrenner (Diesel).
Bei 140-150 km/h und 220-250 km effektiver AB-Reichweite (SoC: 10-80%) müsste ich bei vielen meiner „Mittelstecken“ im Bereich von 300…500 km (überwiegend Autobahn) mindestens einen Ladestopp einplanen, für den ich mit vorkonditioniertem Akku, ca. 30 Minuten rechnen muss. Diese halbe Stunde müsste ich also durch die höhere Geschwindigkeit wieder reinholen. Vier bis fünf Stunden Fahrstrecke bin ich bisher meist ohne Pause durchgefahren.
Glaubt Ihr, dass die o.g. Verbrauchswerte (140-150 km/h => 220-250 km Reichweite bei 70% SoC-Nutzung) mit meinem zukünftigen P2 SMLR (auf 19") realistisch sind? Rein rechnerisch entsprächen 70% des nutzbaren Akkuinhalts knapp 55 kWh. Wenn man damit 220 km weit käme, entspräche dies einem Verbrauch von ca. 25 kWh/100km. Bei den optimistischeren 250 km wären es dann 22 kWh/100km.
Milchmädchenrechnung:
400km, 100% AB
bei 100km/h Schnitt: 4h → Verbrauch wohl so 18-19kWh/100km
bei 120km/h Schnitt: 3,33h → Verbrauch ca 23kWh/100km
Zeitersparnis 40 Min.
macht 16kWh Mehrverbrauch auf die Strecke, für die du bei durchschn. 100kW Ladeleistung (machbar bei 10-70%) dann ca 15 Min. brauchst.
40-15 (zzgl Extrazeit für Anfahrt der Ladesäule und Start der Ladung), aber da bleiben netto sicher noch 10-15 Min übrig, die du schneller ankommst.
Natürlich nicht, wenn man vorher mit Diesel die 120er Variante ohne Pause gefahren ist, das ist eh klar.
Ich bin mir sehr sicher, dass Du diese kurzen ‚Zwangspausen‘ bald nicht mehr missen magst.
Das hatte ich auch gelesen. Wenn ich dann aber schaue wie schnell ich an meiner 11kW Wallbox lade dann sind die Verluste viel geringer (außer sie liefert doch mehr als 11kW). Ich komme so auf 5% Ladeverluste beim AC laden. Beim DC Laden sollten sie.noch geringer sein, da der Verlust des Gleichrichters wegfällt. Dieser sollte so bei 100 - 200W liegen. Passt also alles nicht zusammen.
Was habt ihr für Erfahrungen?
Im Übrigen ist die Batterie immer schneller geladen als im Display oder in der App angezeigt.
Im Juli 2023 gab es beim ADAC einen Test des P2 LRSM (MY24):
ADAC 07-23 P2 LRSM
Dort steht im Kapitel Umwelt/Ecotest (Seite 10 im PDF) etwas über die (gemessenen) Ladeverlust bei AC-Ladung (Drehstrom mit 16A = 11 kW): Bei einer Nettokapazität von 79 kWh wurden 93,3 kWh benötigt um den Akku voll zu bekommen. Hier waren also 14,3 kWh Verluste (von SoC 0-100%), was 15,3% entspricht. Was diese relativ hohen Ladeverluste alles beinhalten, erkennt man allerdings aus dem Text nicht? Wurde vom Haushaltszähler bis zum Fahrzeugakku gemessen und damit alle Verluste in dieser Kette berücksichtigt (einschließlich der Verluste in der Gebäudeinstallation, wie z.B. Leitungsverluste, über Verluste in der Wallbox bzw. des Ladekabels,…). Oder nur die Verluste des Onboardladers bis zum Akku?
Dass eine 11KW Wallbox (deutlich) mehr als 11 kW liefert glaube ich nicht! I.d.R. ist eine 11 kW Wallbox mit 16 A abgesichert (3-Phasen Wechselstrom = Drehstrom). Die Phase-Neutralleiterspannung liegt in DE bei 230 VAC. 230 V * 16 A = 3.680 W je Phase. Bei drei Phasen ergibt das 11.040 W, also 11,04 kW.
In DE ist eine Abweichung von max. +/- 10% von diesem Normwert zulässig (DIN EN 50160), also im Bereich von 207…253 VAC. Die Leistung bei einer 16 A Absicherung könnte also im Extremfall im Bereich von 9,936 bis 12,144 kW liegen. Die Extremwerte sind allerdings in DE sehr selten und treten (wenn überhaupt) nur kurzzeitig auf. Bei den meisten Haushalten dürfte die Spannung im Regelfall eher zwischen 225 und 235 VAC liegen (10,8 kW…11,28 kW).
Wenn nach Vorschrift gemessen wurde befindet sich der Zähler unmittelbar vor der WB. Es werden also die Verluste der WB, des Ladekabels und alle Fahrzeug internen Verluste berücksichtigt.
Die Koks an der Sache:
- es ist keine „Norm-WB“ definiert, der Tester hat die freie Auswahl.
- das Ladekabel stellt und definiert der Fahrzeughersteller, es können also Kabel beliebiger Länge und Querschnitt sein
- der Ladehub ist nicht sauber festgelegt. Es gibt eine Prozedur den Akku zu leeren (bei 100km/h fahren bis für eine Dauer von 4 Sekunden die Geschwindigkeit nicht mehr gehalten werden kann). Wieviel dann noch im Akku ist hängt an der Schutzstrategie des Herstellers und dem Akkupuffer.
- Beim Ladevorgang sind außerdem Teilladungen zulässig. Es muss also nicht bis 100% aufgeladen werden, es kann z.B. aus einem 10% SoC-Hub oder aus einer Energie von 10kWh auf die Nettokapazität hochgerechnet werden. Wenn man das macht ist die Güte des im Fahrzeug hinterlegten Akku-Modells von essentieller Bedeutung.
- die Nettokapazität gibt der Hersteller an. Dafür gibt es keine einheitliche Definition, z.B. welche Toleranz der Zellen wird zugrunde gelegt oder wird der Pufferbereich ganz oder teilweise mit eingerechnet etc.
Das ganze Thema steckt noch in den Kinderschuhen und ist weit von „verlässlich“ und „vergleichbar“ entfernt. Ich selbst nehme solche Zahlen nicht allzu ernst, bestenfalls ein Indikator.
Lies dir 'mal den oben von @landmatrose verlinkten Artikel durch, dann wird das ziemlich klar. Und ob sich der ADAC beim Testen an den WLTP anlehnt steht noch auf einem ganz anderem Blatt…