Ich dachte mir, vielleicht ist es ja für den einen oder anderen interessant zu lesen, wie es mir als absoluten Elektroauto-Neuling in meinen ersten acht Wochen mit dem P2 ergangen ist und welche Hürden ich nehmen durfte. Aber alles von Anfang an:
Nach dem mein alter Verbrenner in die Jahre gekommen war, ich alle drei Monate wegen irgendwas in die Werkstatt musste und sowieso nur noch TÜV bis Juli hatte, war es an der Zeit mir ein neues Auto zu suchen. Es war Anfang des Jahres, Januar oder Februar. Mit dem Thema Elektromobilität hatte ich bis dato noch keine Berührungspunkte. Durch die Medien hatte ich so Phrasen im Kopf, wie z.B. dass es zu wenig Lademöglichkeiten gäbe und dass die Batterien zu wenig Ladekapazitäten aufweisen würden, so dass man nur kurze Strecke fahren könne. Der Umweltaspekt war für mich aber der entscheidende Faktor, warum ich mich dennoch mit dem Thema beschäftigt habe. Daher war mein erster Impuls, es wird ein PlugIn-Hybrid, u.a. auch deswegen, weil meine Frau, die sich ebenfalls null mit der Materie im Vorfeld befasst hatte, Angst bekam mit dem Auto liegenzubleiben. So hätte man immer noch den Fallback Verbrenner.
Also fing ich an im Netz zu recherchieren. Zig Videos und Blogartikel später – ich hatte mir schon mehrere PlugIn-Hybridautos konfiguriert –, erzählte ich einem Bekannten davon. Er selbst fährt seit einem halben Jahr einen PlugIn-Hybrid Volvo und meinte, wenn er heute nochmal bestellen und sein Arbeitgeber das Angebot an zur Verfügung stehenden Automarken erweitern würde, hätte er direkt ein reines E-Auto gewählt. Er zählte mir dann einige Nachteile auf, die PlugIn-Hybriden hätten und räumte diverse Vorurteile (s.o.) aus. Also fing ich nochmal von vorn an zu recherchieren. Ich schoss mich dabei auf drei Marken/Modelle ein, u.a. den ID4 von Volkswagen. Ich fuhr dann auch rasch mit meiner Frau ins Autohaus und schaute mir ihn aus der Nähe an. Es gab nur zwei Probleme, er war mir zu groß, ich wollte eigentlich kein SUV und bei der Lieferzeit wurde ich auf Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres vertröstet. Das passte mir so gar nicht in meinen Plan, wollte ich doch ab Juli/August ein neues Auto fahren. Also doch noch zwei Jahre beim Verbrenner bleiben und abwarten, wie sich der E-Automarkt entwickelt?
Nein, denn dieser Bekannte kam einige Tage später auf mich zu und fragte mich, ob ich die Firma Polestar kenne? Ich verneinte. Das einzige, woran ich mich erinnern konnte, dass ich ein oder zweimal eine Werbung im TV gesehen habe. Also suchte ich im Netz. Als Kommunikationsdesigner und Webentwickler sprach mich die Internetpräsenz sofort an und ich wurde neugierig (ist ne Berufskrankheit, dass mir die Internetseiten gefallen müssen wenn ich irgendwo was bestelle). Dann zeigte ich meiner Frau den P2 und wir waren beide hin und weg. Endlich mal ein Auto, das unseren Designansprüchen (sie ist auch Designerin) standhält. Obendrein mögen wir beide das skandinavische Design – klare Linienführung, keine Schnörkel etc. – sehr. Last but not least wurde mir ein total digitaler Bestellprozess versprochen. I love it, denn ich hatte so gar keine Lust auf diesen Typ Autoverkäufer, der mir versucht irgendwas aufzuschwatzen. Die Sahne auf der Kirsche war, es wurde mir ein Auto binnen drei Monaten versprochen. Das musste es sein!
Also buchte ich direkt eine Probefahrt in meinem nächstgelegenen Space in Düsseldorf. Das war Anfang März. Ich war so begeistert und angefixt, dass ich noch vor der Probefahrt bestellen wollte. Mein Gewissen hielt mich dann aber doch davon ab. Hätte ich es aber mal getan (dazu gleich mehr). Am Tag der Probefahrt verlief alles hervorragend. Wir waren gut 45min zu früh dran. Der junge Mitarbeiter im Space begrüßte uns und war zu meiner Überraschung das krasse Gegenteil von dem, wie ich mir einen Verkäufer im Autohaus vorgestellt habe. Im Nachhinein möchte ich ihm nochmal ein großes Lob aussprechen, er hat seine Sache super gemacht, war angenehm zurückhaltend und überhaupt nicht verkäuferisch unterwegs. Ja, ich weiß, brauchte er auch nicht, das Verkaufskonzept hinter Polestar ist ein anderes und erinnert eher an das von Apple. Dennoch danke dafür. Da der P2 nämlich schon fertig geladen auf uns wartete, durften wir ihn anstelle der vereinbarten Stunde noch 30min länger fahren, was uns sehr glücklich machte. An dem Tag war klar, der sollte es sein.
Zu Hause angekommen wollte ich dann direkt bestellen: P2 LRDM mit Pilot und Plus Paket in Thunder und den helleren Sitzen. Aber denkste, ging nicht. In der Woche Wartezeit wurde der Bestellprozess fürs Leasing abgeschaltet. Grund: Halbleitermangel, so dass man das Pilot-Paket nicht mehr buchen konnte. Also beim Support angerufen. Hier erklärte man mir, dass ich mich gedulden müsse. Es könne noch ein paar Wochen dauern, zudem wissen sie nicht, ob es das Pilot-Paket in dem Umfang noch geben wird. Nach gut einer Woche war dann klar, dass es nur noch das Pilot-Lite geben würde. Ich arrangierte mich zähneknirschend damit, konnte allerdings immer noch nicht bestellen. Dann las ich im Netz, dass der ADAC den P2 im Angebot hätte. Ich war kurz darauf dort zu bestellen, rief aber nochmal beim Polestar Support an. Hier sagte man mir, dass die Besteller u.U. sehr lange warten müssen, was in meinem Fall ein Nogo war. Man gab mir aber den Tipp, dass ich mal nach vorkonfigurierten P2 auf der Polestar-Website Ausschau halten solle. Gesagt getan, ich besuchte die Seite ein Dutzend mal über den Tag viele Tage lang, hatte aber immer Pech, da unser Wunschsetting nicht angeboten wurde. Mittlerweile hatte ich schon die Lackierung und die Sitzfarbe über Board geworfen, Hauptsache LRDM, Plus und Pilot-lite.
Eines Tages, ich hatte eigentlich schon aufgegeben, refreshte ich die Seite und es waren zwölf vorkonfigurierte P2 in der Liste. Ich stellte die Filterung auf LRDM und siehe da, es blieben immer noch vier oder fünf übrig. Zu meiner Freude stand dann bei den Paketen Plus und Pilot – ja richtig, kein lite! Bei der Farbe musste ich einen Abstrich machen, denn es gab ihn nur in weiß. Egal! Sofort in den besagten digitalen Bestellprozess, nur keine Zeit verlieren. Was soll ich sagen, nach einer Stunde war ich mit allem drum und dran inkl. VideoCall und digitaler Unterschrift fertig. Als Webentwickler, der selbst solche Dinge programmiert, muss ich sagen, Hut ab, so sollte ein Bestellprozess aussehen. Das ganze passierte am 23. März. Polestar selbst nannte mir dann den voraussichtlichen Liefermonat Juni, bei ALD hieß es Anfang Juli. Genau im Zeitrahmen, wie wunderbar. Nun hieß es also warten.
Am 12. April bekam ich dann die Mail: Ihr Polestar ist in See gestochen! Durch das Forum konnte ich den Kahn ausmachen, wo sich mein P2 befinden musste. Dadurch habe ich jeden Tag die Reise verfolgen können und war froh als es durch den Suez-Kanal durch war. Vorfreude ist doch die schönste Freude. Leider bekam ich nie die Mail, dass das Auto in Zeebrügge angekommen ist. Anfangs dachte ich, ich hätte evtl. doch den falschen Kahn ausgemacht. Dank des Forums konnte ich aber anhand der Metadaten sehen, dass das Auto dann recht zügig beim Handover-Zentrum angekommen ist. Zwischenzeitlich hatte ich dann auch Kontakt mit Speed, die das Auto problemlos mit Wunschkennzeichen angemeldet haben. Kurze Zeit später gab es die nächste positive Überraschung. Der Support rief mich nämlich irgendwann an, und meinte, wann ich denn mein Auto abholen wollen würde. Dabei wurde mir das first possible handover date aus den Metadaten als schnellste Option genannt, die ich natürlich sofort bestätigte. Mein Glück, ich hatte an dem Mittwoch in der Woche sowieso Urlaub.
Am Abholtag bin ich dann mit dem Zug nach Düsseldorf gefahren. Auch hier lief alles reibungslos. Der selbe Mitarbeiter, der uns schon bei der Probefahrt zur Seite stand, übergab uns das neue Gefährt. Es gab weder Kratzer noch sonst irgendwas zu bemängeln. Alles funktionierte. Bei strömenden Regen sind wir dann die 90 Minuten nach Hause gefahren. War ein tolles Gefühl, der Wagen fühlte sich dank Allrad super auf nasser Fahrbahn an. Dank Plugsurfing Karte wollten wir das Auto dann auch direkt laden. Also schnell mal angemeldet und zur Ionity-Ladesäule um die Ecke gefahren. Auch hier wieder keine Probleme, dachte ich zumindest bis ich in die Rechnung geschaut hatte, wo mir der Betrag recht hoch vorkam. Also Kontakt mit dem Polestar Support. Hier wusste man nicht genau, was zu tun sei und bat mich meine Nummer in der Plugsurfing-App zu kontrollieren. Diese musste aus meiner Sicht richtig sein, sonst hätte ich ja nicht laden können. Also rief ich nochmal an, wo man mich dann an den Plugsurfing Support verwies. Das war zum Glück ganz easy, da ich ihn via Online-Chat kontaktieren konnte. Man nahm sich dem Problem an und bestätigte mir binnen eines Tages, dass sie mir das zu viel berechnete zurück überweisen würden.
In den Tagen darauf fing ich dann an, das Auto zu konfigurieren. Erst für mich und dann wollte ich das gleiche auch für meine Frau tun. Und nun fingen die Probleme an. Eine einfache Methode, eine Zweitperson am Auto anzumelden, die ihren eigenen Schlüssel nutzt um ihr eigenes Profil damit zu laden sobald sie das Auto damit öffnet, ist anscheinend nicht vorgesehen. Auch hierfür bemühte ich den Support mehrmals, die mir sagten, sie solle sich einen eigenen Polestar-Account anlegen und man würde ihr Profil dann dem Auto zuordnen und für das Auto freischalten. Das geschah auch nach zwei Tagen mit dem Ergebnis, dass mein Profil nicht mehr richtig funktionierte. Ein wenig genervt rief ich also wieder an. Ein Tag später ging es dann wieder, leider bekam ich darüber keine Rückmeldung vom Support sondern bemerkte es überraschenderweise.
Nachdem ich dachte, jetzt wäre alles paletti und ich kann das Autofahren genießen, tauchte am sechsten Tag nach Abholung die Nachricht: SOS – Wartung eCall Funktion erforderlich. Ich dachte mir erst, kann ja nicht so schlimm sein, den eCall brauch ich ja hoffentlich nicht so schnell, ist ja ein Neuwagen. Bis ich dann feststellte, dass beide physischen Schlüssel nicht mehr funktionierten und die App nicht mehr den korrekten Ladestatus und eine falsche Standortadresse anzeigte. Zu meinem Glück hatte ich den Digital Key am ersten Tag eingerichtet, so dass ich das Auto darüber öffnen/schließen und fahren konnte. Dennoch wurde ich unruhig. Wie kann sowas nach sechs Tagen passieren? Hatte ich etwa einen Montagsauto erwischt? Natürlich rief ich erneut beim Support an. Übrigens, wer bitte kam auf die Idee diese Stimme für die ganzen Aufsager zu nutzen!? Transusiger und uninspirierender ging’s wohl nicht. Bei diesem Anruf schien ich wohl Glück im Unglück zu haben, da ich einen Herrn am Apparat hatte, der sehr engagiert war, mir zu helfen. Er bot mir zwei Optionen an: Entweder er lässt den Wagen abschleppen und ich bekäme in der Zeit einen Ersatzwagen, welcher allerdings ein Verbrenner gewesen wäre, weil es keine Leihwagen am Markt gibt gerade oder er ruft beim nahegelegenen Volvo-Händler an, um einen schnellstmöglichen Termin zu bekommen. Ich wählte letzteres. 15 Minuten später rief er mich dann zurück, dass der Händler bescheid wüsste und ich mich zwecks Terminabsprache bei ihm melden könne. Dieser hatte dann binnen zwei Tagen einen Slot für mich.
Beim Volvo-Händler angekommen war ich erstmal positiv überrascht. Der Wekstattleiter war sehr zuvorkommend und nett und erklärte mir, dass er eine Anleitung zur Fehlerbehebung seitens Polestar vorliegen habe und das ganze Problem binnen einer halben bis einer Stunde gelöst sein sollte. Das machte Mut. Nachdem er dann allerdings nach einer Stunde zu mir kam und meinte, das Problem bestünde noch immer und sie tappen ein wenig im Dunkeln, hätten aber noch eine Idee, ahnte ich Schlimmes. Denn auch nach 90 Minuten hatten sie keine Lösung und mussten mich nach Hause schicken. Sie würden nochmal mit Polestar kommunizieren und würden mich morgen zwecks Folgetermin nochmal anrufen. Auf meine Frage, was sie denn gemacht hätten, sagte er mir, dass das TCAM Modul ausgestiegen sei und sie nach Anleitung die 12V Batterie und die TCAM Backupbatterie abgeklemmt haben. Weil das wohl nix geholfen hat, hat man das Betriebssystem (und die Firmware?) nochmal neu aufgespielt. Beim Nachhauseweg fiel mir dann auf, dass nun auch GoogleMaps ausgestiegen war, denn die Karte im Display bewegte sich nicht und zeigte als Autostandort den Volvo-Händler an. Ich war mittlerweile echt bedient. Das Auto war gerade mal eine Woche alt!
Am nächsten Tag hatte ich dann gleich um 8 Uhr morgens eine Mail vom Volvo-Händler, dass sie nun neue Instruktionen von Polestar bekommen hätten, was in meinem Fall zu tun sei. Ich bekam auch für vormittags direkt einen neuen Termin. Als ich daraufhin in das Auto eingestiegen bin, war auf einmal die eCall Nachricht nicht mehr zu sehen. Ein kurzer Check auf GoogleMaps und der Pin war aktualisiert. Ich stieg wieder aus dem Auto aus und schloss meine App auf dem Smartphone und holte die physischen Schlüssel. Beide funktionierten auf einmal wieder. Einerseits freute ich mich, andererseits war ich skeptisch, weil es nun keine Erklärung gab, warum es wieder funktionierte. Ich fuhr dennoch in die Volvo-Werkstatt, damit sie nochmal einen Blick drauf werfen können. Sie haben nochmal den Fehlerspeicher ausgelesen und gelöscht, konnten es sich aber auch nicht erklären. Erstmal war ich froh, dass es wieder funktionierte.
Bis vor zwei Tagen als die eCall Meldung wieder im Display auftauchte und beide Schlüssel erneut den Dienst versagt haben. Zum Glück gibt es dieses Forum, denn hier gab es den Hinweis, wie man es auf die Schnelle selbst hinbekommt. Was soll ich sagen, es hat geklappt.
Mal sehen, wo die Reise noch hingeht. Die ersten längere Fahrten haben wir auch schon gemacht. Das Laden wurde bis dato noch zu keinem Problem dank der Plugsurfing und EnBW Karten.
TL;DR – Mein Fazit zum jetzigen Zeitpunkt
Pro:
- Website, Aufbereitung der Infos, Konfigurator: spitzenklasse
- digitaler Bestellprozess: exzellent
- Kommunikation während des Wartens: sehr gut, man wird bei Laune gehalten (es fehlte lediglich eine E-Mail)
- Übergabe im Düsseldorfer Space: hervorragend
- Abwicklung mit Speed und ALD Leasing: ohne Probleme
- der Polestar Support ist sehr bemüht zu helfen
- der Volvo-Händler ebenfalls, ich fühle mich da gut aufgehoben
- das Unterwegs-Laden: problemlos
- Cruise-Control: ich will nicht mehr ohne
- One-Pedal-Driving: wozu braucht man nochmal die Bremse?
Kontra:
- das TCAM-Problem!!
- Einstellung mehrerer Nutzerprofile im Auto
- die Beinfreiheit als Fahrer könnte am rechten Bein größer sein, fühle mich ein wenig eingeengt
- schlechte Ladegeschwindigkeit, die 150kW werden nur über einen kurzen Zeitraum erreicht
- das Straßenschilderkennungssystem funktioniert unterirdisch schlecht, es zeigt sehr häufig die falsche Geschwindigkeit an
- keine Zeitangabe im Cockpit
- generell ein paar Einstellungsmöglichkeiten mehr im Cockpit wären wünschenswert
- die hinteren Fensterheber quietschen
- die Sitze sind stark rückwärmend, so dass man schnell am Rücken schwitzt
- der Play/Pause Button in der Mittelkonsole gibt kein Feedback, wenn man ihn bedient
Das Wichtigste zum Schluss. Der Fahrspaß ist trotz einiger Mängel enorm hoch. Die Beschleunigung ist sagenhaft und zaubert mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht. Es gibt außerdem so viele durchdachte Kleinigkeiten, die aus Designersicht genauso und nicht anders sein müssen. Dafür liebe ich das Auto – ich möchte bitte keinen Verbrenner mehr fahren müssen.