Frage an erfahrene Lade-Profis

Die Fragen hinsichtlich Ladeverhalten bewegen sich schon teils auf esoterischem Niveau. Die meisten Leute vergessen nur zu gern, dass Laden und Entladen für den Akku faktisch den gleichen Stress bedeutet. Vollstrom-Orgien bei kaltem/heißem Akku sind ebenso schädlich wie das (notwendige) DC-Schnellladen.
Natürlich sind wenige Ladevorgänge mit geringem Strom grundsätzlich akku-schonender, weil bei vielfachen kleinen Ladehüben hast du immer das Startproblem: der Akku kann zu Beginn zu kalt/warm sein, was dann den Verschleiß fördert. Grundsätzlich gilt das Gleiche wie beim Verbrenner: zu hohe Leistung (Lade- oder Entnahme) bei kaltem Motor (Akku) oder heißen Motor (Akku) fördert den Verschleiß und verkürzt die Lebensdauer. Also: in den Extrema umsichtig mit dem rechtem Fuß und dem Ladestecker helfen dem Akku lange zu leben.
Wenn du das ein wenig im Hinterkopf hast, hast du schon 99,9% richtig gemacht.

Als fundierte Untersuchung hinsichtlich Akkustress/-verschleiß kann ich dir diese Arbeit ans Herz legen:
Aging of Lithium-Ion Batteries in Electric Vehicles-komprimiert.pdf (8,7 MB)

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eher umgekehrt:

in dem link von @Electrified steht alles sehr gut beschrieben:

in Kurzform:

  • Akku - Alterung beim „Parken“: SOC niedrig ist besser als hoch. Ideal wäre es erst kurz vorm losfahren auf den erforderlichen SOC zu laden.

  • Akku - Alterung DURCH DAS LADEN:
    + je kleiner die Ladeleistung desto schonender, aber alles unter 0,25 C also unter ca. 20 kW
    (beim LR) dürfte kaum noch eine Rolle spielen. Sprich unter 11 kW braucht man wohl nicht
    zu gehen, zumal dann die Ladeverluste steigen dürften.
    + kleine „Ladehübe“ sind schonender als große

Wenn du also z.B. täglich nur 10% Akku-Kapazität brauchst, ist es für den Akku besser täglich von 20 auf 30% zu laden, als auf 90% zu laden und dann 7 Tage später wieder von 20 auf 90% wieder aufzuladen. Zumindest theoretisch. Muß jeder wissen wieviel Aufwand man so treiben will.

Ich persönlich würde einfach die extremen SOCs IM ALLTAG meiden. Auf Langstrecke „muß“ und will man eh so schnell laden, wie die Säule hergibt. Säule als Ziel ins Navi eingeben, dann ist der Akku auch schön warm.

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Sorry, aber das ist totaler Blödsinn. Wir reden hier von parallel und in Serie geschalteten Zellen, die immer gleichzeitig ent- und geladen werden (vom Balancieren mal abgesehen), nicht von einer SSD mit Wear Leveling.

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Wobei man ja auch sagen muss, dass bei einem BEV Auto das BMS die Leistung regelt. Bei einem Verbrenner ist das nicht so. Da kannst Du ihm im kalten Zustand die Sporen geben. Ein BEV verhindert das und gibt nur soviel Leistung frei, wie der Akku verträgt, siehe Schildkröte und die schraffierten Balken.

Falsch, die Motorsteuerung begrenzt sehr wohl die Leistung in Abhängigkeit von Kühlmittel-, Öltemperatur, Luftdruck und -temperatur, Kraftstoffqualität, Betriebsmodus der Abgasreinigung etc…Ja sogar bei " Tankreserve" wird limitiert und teilweise ein Ruckeln provoziert um den Fahrer zur Zapfsäule zu zwingen.

Innerhalb dieser Grenzen kann man, wie bei einem BEV auch, mit oder auch ohne Rücksicht auf das Material fahren.
Die Auslegung ist immer ein Kompromiss zwischen „Schädigung“ ggb. „Fahrerbevormundung“, hart sind nur phys. Grenzen (klopfende Verbrennung, max. Zellstrom,…)

Das allerding wird über Parameter geregelt aufgrund der Daten welche das BMS liefert. Gesteuert wird das schlussendlich über den Fahrzeugrechner welcher diese Daten auswertet und allfällige Leistungsreduktionen anordnet. Es wäre zuschön, wenn das BMS während des Fahrens aktiv den Stromfluss zwischen den einzelnen Zellen/Zellpaketen regeln oder ausgleichen könnte und immer die noch stärksten Zellen besnspruchen würde.
Bei einem aktiven BMS passiert das bestenfalls im Stillstand bzw. nicht beanspruchtem Akku durch Ausgleichsladen zwischen den Zellen.
Ob das bei heutigen Autos allgemein so praktiziert wird, kann ich nicht sagen. Bezweifle ich jedoch insofern, als dass dieser Spannungsabgleich nicht innert weniger Sekunden/Minuten stattfinden kann.

Wie das der PS regelt weiss ich überhaupt nicht, mein ehemaliger Chevy Volt begann nach einer Stunde Standzeit ohne am Strom zu hängen, mit dem Balancen der Zellpakete, was man am OBD mit der Diagnosesoftware beobachten konnte.

Wenn ich das Ladeverhalten des PS ansehe gehe ich eher davon aus, dass bei gewissen Ladeständen des Akkus über 80% oder 90% gebalanced wird und nach einer gewissen Standzeit (plötzliches, äusserlich wahrnehmbares, unmotiviertes Anspringen der Fahrzeugelektronik und des Kühlsystems). Also eigentlich +/- gleich wie bei meinem ehemaligen Chevy Volt.

Gute, dann drücke ich mich anders aus. Ich kann in einem Verbrenner bei Minusgraden den Motor starten und die Drehzahl bis in den Begrenzter bringen und so herumbeschleunigen wie ich will, was den Motor nicht freuen wird. Übertragen auf ein BEV sind die Schutzmaßnahmen des Akkus wesentlich höher und ich kann nicht so beschleunigen wie ich will.

Das ist eh Aepfel mit Birnen verglichen. Ein Verbrenner hat eine Menge bewegliche Teile aus Metall. Metall hat bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Ausdehnungen und es benoetigt Schmierung, die ebenfalls temperaturabhaengig ist. Alles was nicht optimal ist fuerht zu einem Motor- und/oder Getriebeverschleiss mit der Folge mehr Benzin und Oelverbrauch bis hin zum Defekt.

Das spielt beim eAuto keine Rolle. Da sind es eher chemische Prozesse die auf Materialien wirken. Das ist komplett etwas anderes und braucht eine eigenen Betrachtung und nicht so etwas wie das eAuto regelt besser als der Verbrenner.

Ja, das stimmt. Zwei unterschiedliche Konzepte, die ich aber mit Sicherheits- und Schutzaspekten schon vergleichfähig finde.

Mit dem Unterschied, dass beim Verbenner als thermisches Element der Motor selber einschränkend ist, und beim BEV ist es die Energiequelle, also der Akku.
Mechanische Verschleissteile alleine kann man relativ einfach ersetzen. Chemische sind grundsätzlich „für immer“ zerstört. Also mit jedem Mal in welchem Du einen Akku überbeanspruchst, verschleissen seine Zellen überproportional und unwiederbringlich. Daher sind diese Limitierungen in den Steuersystemen sehr sinnvoll. Sonst schaffst Du es beim BEV, nen Akku in einem Winter kaputtzufahren, vorallem wenn das Auto noch draussen steht. Und unentdeckte Li-Ion Zellen sind potenziel gefährliche Zellen im Gesamtsystem und müssen ausgeschlossen werden können.

Das haben wir bei den ersten Elektrofahrzeugen (CityEL, Twike, SAM und Konsorte) massenweise gesehen. Die hatten zu Beginn Bleiklötze, später Gel Traktionsbatterien und Gitter AGMs verbaut. Batterietausch war bei vielen ein regelmässiger Müssiggang. Heute mit den Li-Ion Batterien geht das viel zuverlässiger, allerdings auch komplizierter. Konnte man bei Bleibatterien wenigstens die einzelnen Blöcke relativ simpel einzeln laden, haben Winterfahrer ihre Batts mit Selbstbauheizungen temperiert - mit Teilen aus dem Terrarien- und Campingbedarf.
Passieren konnte relativ wenig, Bleibatterien sind vielverzeihend. Mit dem Einzug der Li-Ion Technologie hat das grundlegend geändert. Diese Zellen haben eine enorm hohe Energiedichte im Vergleich, sind teuer, verzeihen aber keine Ungereimtheiten bei der Handhabung. Sie gehen schnell kaputt, können bei Defekt schnell entzündlich sein da ihr Elektrolyt nicht kochen kann und kein Druckausgleich stattfinden kann und auch nicht darf, wie bei Flüssigbatterien.
Dafür halten sie fast ewig im Vergleich zu allem was wir sonst kannten. Und das ist nicht das Ende der Technologiemöglichkeit.

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Jetzt habe ich meinen Polestar wenige Tage und damit neue Fragen:

  • Ich habe gestern Abend den Akku geladen auf 60%, als Reichweite wurde dann mit 270 km angegeben. Der Akku war vorher in Betrieb (ca. 50 km ruhige Fahrt auf der geschwindigkeitsbegrenzten Landstraße).

  • Das Fahrzeug stand heute Nacht in der unbeheizten Garage (ca. 10°)

  • Heute morgen bin ich wieder mit dem Fahrzeug losgefahren. Der Akkustand war in den 15 Stunden Standzeit von 60% auf 50% gefallen, die Reichweite verringerte sich von 270 km auf 200 km.

Ist das ein normales Verhalten, dass durch nächtliche kalte Temperaturen oder durch Abkühlung des Akkus so viel Kapazität verloren geht? Und so richtig kalt war es ja auch nicht.

Hi Reiner,
nein, das ist nicht normal. Normal wären 0-2% bei Temperaturen außerhalb des Gefrierpunkts. Selbst wenn ich das Auto 2,5 Wochen abstelle verändert sich der Ladestand nicht…

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Das ist nicht normal. Meiner stand gerade 5 Tage auf einem P+R und schwankenden herbstlichen süddeutschen Temperaturen. Abgestellt tagsüber und in der Nacht beim Abholen mit exakt demselben SoC. Softwarestand aber noch P2.1.

Hast Du das Fahrzeug mal bis 100% geladen? Vielleicht hilft eine Kalibrierung.

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Nö das ist definitiv nicht normal. Lade mal bis 100% sodass das Batteriemanagement sich kalibrieren kann und der Akku sauber gebalanced wird. Die Reichweite/SOC wird unter Einbezug einiger Faktoren errechnet. Wenn das Wägelchen seit der Produktion mehrheitlich rumstand und allenfalls noch nie auf 100% geladen wurde kann es durchaus sein, dass da Fantasiewerte angezeigt werden. Hatte ich auch bei anderen Fahrzeugen bereits gesehen.

Die „Verbrauch“ ist geklärt. Ein Familienmitglied hatte nach dem Laden noch eine kleine Spritztour unternommen. Eine Kontrollladung von gestern auf heute brachte 0% Verlust über die Nacht.

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Haha, diesen Plottwist habe ich nun ja so gar nicht erwartet :joy: Um so erfreulicher, dass das „Problem“ beim Menschen und nicht dem Auto liegt :joy:

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Ernsthaft? :rofl:

Jedenfalls danke dafür. Musste mal wieder herzhaft lachen. :grin:

Ich schmeiss mich weg, ein „Ghostrider“ :joy::joy::joy::joy:

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:joy: Sehr geil. Schon interessant zu lesen, was für Kommentare geschrieben worden sind, um das Problem zu lösen und zu sehen, woran es wirklich lag.

Boah, was bin ich für diese Auflösung froh!

Um 8kWh in 16h los zu werden, muss man permanent, konstant 500W irgendwohin abgeben. Wenn so etwas ungeplant an einer Stelle kleinteilig erfolgt, ist man definitiv im Bereich „es brennt“. Und davon hast du ja nichts geschrieben!
Okay, warum habe ich nicht erst gerechnet, bevor ich nervös geworden bin?! Egal. Es ist ja nix passiert. :+1: