Anlässlich einiger doch drastischer Erhöhungen beim Preis für das öffentliche Laden von E-Autos bzw. der Energiekosten überhaupt, möchte ich hier eine Diskussion starten, wo die Reise hingehen könnte und warum.
Ich denke gerade für potentielle Käufer eines Polestars 2 (aber auch eigentlich eines jeden BEV) stellen sich ein paar grundsätzliche Fragen.
Mal zum Einstieg meine Sicht Anfang 2020 (erste Überlegungen Richtung Polestar 2) und meine heutige Situation. Denke Anfang 2022 stehe viele vor der gleichen Frage wie ich damals nur in einem komplett veränderten Umfeld.
Anfang 2020 (bis zur Bestellung Ende August) war für mich eine E Auto immer auch ein Wagnis. Ich kannte einige E Auto Fahrer und es gab einen Tesla M3 in der Familie seit Ende 2019. Das Wagnis hatte vor allem die Komponente:
- Preis / Wert dieser Autos
- Wie weit ist die Technik - wie weit komme ich?
- Was kostet das Fahren
- Wie komme ich als Stadtmensch ohne eigene Wallbox durchs Leben?
Zu 1 gab es dann die hohen Subventionen und einen Preis beim PS2 der mir für das „Wagnis“ noch akzeptabel erschien. Beim TM3 fand ich zB damals, dass man ziemlich viel Geld für ein tolles BEV Konzept aber ein eigentlich recht lausig gebautes Auto bezahlt. Hier bin ich bei PS2 eigentlich der Meinung, dass die Rechnung aufgegangen ist - auch wenn ich zugebe dass die Förderung einen gewissen Entscheidungsdruck unterstütze. Denke das ist 2022 eher noch besser geworden, es gibt inzwischen einige ausgereifte BEV´s und auch der PS2 ist in der SingleMotor Fassung vernünftiger geworden.
zu 2: Tja - da denke ich sollte man heute wirklich aufmerksamer schauen was eine WLTP Zahl eigentlich bedeutet. Denke hier im Forum findet man eine realistische Bandbreite der tatsächlichen Erfahrungen, ebenso bei den seriöseren Autotest. Wenn man 300km erwartet und im Winter mit 250 km leben kann ist alles gut. Wer damals die 400km + (wie ich) geglaubt hat wird desillisioniert auf die Lage schauen, auch heute noch. Dafür geht das HPC laden inzwischen deutlich besser als damals erwartet und auch deutlich besser als Anfang 2021 (bei Übergabe) erfahren.
zu3: Hier würde ich gerne Eure Meinung hören. Ich hatte den Polestar u.a. auch deshalb gekauft weil ich die laufenden Kosten je km sehr günstig fand. ca. 20 KW/100 km bei Preisen von ca. 20-35 cent/ KW (zT damals noch Flatrate für 9,90 EUR je Ladung). Inzwischen 40-60 cent für 11KW Ladestationen (die in den Städten) und 60-90 cent für die HPC. Außerdem die Erkenntnis das man mit 20 KW/100 km im Schnitt nicht hinkommt sondern eher 25 realitisch sind. Dann also 25 x 40 cent = 10 EUR / 100km bzw. bei 70 cent eben schon 17,50 EUR. Also, ich dachte ich komme mit 25 cent hin und habe einen Verbrauch von 20 KW/100km also 5 EUR je 100 km. Da liegen schon Welten zwischen. Auch wenn einige jetzt sagen werden, es gibt ja immer noch hier und da „Umsonst Laden“ so sehe ich doch, dass sich das ganze in einer Ebene einpendeln wird, die zumindest im Betrieb eher teuerer ist als ein Benziner. 8l/100km x 1,70 EUR wären ja „nur“ 13,60 EUR zB. Und beim Benzin sind um Preis ca. 90 Cent Abgaben drin, beim Strom ist das intransparent aber vermutlich Prozentual ähnlich. Ich würde heute zumindest dieses Kriterium eher als Risiko denn als Vorteil werten, gerade bei einem eher ungünstigem Fahrzeug wie dem PS2 (im Verbrauch) - wobei das natürlich immer relativ ist.
zu4: Auch hier denke ich sollte man als Neueinsteiger Realist sein. Für mich gab es sowohl in Hamburg als auch in Berlin in direkter Nähe zu den Orten bei denen ich mich gewöhnlich aufhalte hinreichend viele öffentliche Ladepunkte mit 11 KW, zT auch mit 50 KW. Die Situation der HPCs war am Anfang gerade so, dass es funktionierte. Heute sehe ich die HPC Verfügbarkeit als wesentlich besser an und auch so, dass ich nicht erwarte mal irgendwo stundenlang in der Warteschlage zu stehen. Bei den 11KW Säulen sehe ich es umgekehrt. Es gibt zwar inzwischen sehr viel mehr die irgendwo auf dem Land stehen aber in den Ballungsräumen (wo Anfang 2021 noch viel Platz war an den Säulen) sehe ich eher inzwischen einen Engpass. Auch weil ständig irgendwelche Hybride stundenlang dort parken und gar nicht laden oder Sharing Fahrzeuge die da einfach abgestellt werden und dann auf einen neuen Mieter warten. Hier würde ich heute wirklich sagen, wer keine Wallbox (ö.a.) hat, sollte sich das schon fragen wie er sicher laden kann. Wenn der Anstieg der Zulassungszahlen weiterhin so boomt, dann muss da dringend konzeptionell was passieren.
Nun also bin ich gespannt auch Eure Einschätzungen, sowohl als „erfahrener“ Polestar Besitzer als auch als jemand der gerade überlegt einen Polestar2 zu bestellen.