Ein Dämpfer für Polestar
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Polestar will Premiumhersteller für Elektroautos werden. Doch die Absatzziele musste der Hersteller nun halbieren – gleich aus mehreren Gründen.
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Der in Schweden in Betrieb genommene E-Auto-Hersteller Polestar benötigt mehr Geld. Doch die bisherige Muttergesellschaft Volvo Cars mit derzeit 48,9 Prozent der Aktien hat selbst ehrgeizige Pläne und will das 2017 als eigenständige Automarke lancierte Start-up nicht mit einer weiteren Kapitalspritze finanzieren. Nun muss die Konzernzentrale, die chinesische Geely, einspringen. Offiziell geschieht das alles nun in wohlgesetzten Worten: „Polestar Automotive Holding drückt sein Willkommen aus gegenüber Geely Schweden als potentiellem, neuem, direktem Aktionär“, hieß es vor wenigen Tagen offiziell.
Tobias Piller
Redakteur in der Wirtschaft.
Um das Jahr 2025 und damit auch die versprochene Gewinnschwelle zu erreichen, benötigt Polestar 1,3 Milliarden Dollar. An der Börse und finanztechnisch ist die Lage für das schwedische E-Auto-Start-up nicht einfach, denn die Marktkapitalisierung ist in 20 Monaten eingebrochen. Nach dem Börsengang im Juni 2022 an der New Yorker Nasdaq war Polestar noch fast 28 Milliarden Dollar wert, derzeit sind es nur noch 3,7 Milliarden Dollar. Dank der Börsennotierung waren Polestar vor zwei Jahren 890 Millionen Dollar zugeflossen, womöglich weniger als ursprünglich erwartet.
Zur derzeitigen Ernüchterung haben verschiedene Elemente beigetragen, einmal das fast halbierte langfristige Absatzziel – rund um die Börsennotierung war noch von 290.000 verkauften Polestar im Jahr die Rede gewesen. Dann hat sich die Markteinführung des teuren SUV Polestar 3 verzögert. Schließlich sind alle Marktprognosen für einen ausschließlich mit batterieelektrischen Autos konkurrierenden Autohersteller zuletzt eher düster geworden.
Polestar distanziert sich von Tesla
„Der Plan bleibt weiterhin, dass wir 2025 die Gewinnschwelle erreichen“, sagt Polestar-Chef Thomas Ingenlath gegenüber der F.A.Z. Auch das Zukunftsversprechen einer zweistelligen Brutto-Ertragsmarge bekräftigt Ingenlath weiterhin. „Erreichen wollen wir dieses Ziel mit einer Verkaufszahl von insgesamt 150.000 bis 160.000 Autos. Wir haben die Absatzzahlen angepasst, mit denen wir dieses Ziel erreichen wollen. Es geht um realistische Absatzzahlen, kombiniert mit den hohen Ertragsmargen einer exklusiven Premiummarke und unseren zukünftigen Modellen.“ Polestar strebe nach Erträgen, nicht Absatzzahlen. Von direkten Preissenkungen wie beim Konkurrenten Tesla distanziert man sich bei Polestar. Allerdings wird für das bisher einzige angebotene Modell, das Mittelklasseprodukt Polestar 2, ein zeitlich begrenzter Rabatt namens „Innovation Boost“ von 4500 oder 6500 Euro angeboten.
Alle Polestar der Zukunft: Das Design aller Modelle von Nummer 2 bis Nummer 6, von 2020 bis 2026 ist schon präsentiert. Das soll Zuversicht zeigen. : Bild: Polestar
Eigentliches Ziel von Polestar ist es allerdings, die Marke Tesla als Mode- und Premiumprodukt unter den Elektroautofans abzulösen. Tesla hatte bisher eine Pionierrolle für die Verbreitung von Elektroautos in großen Zahlen, überzeugt mit großen Reichweiten und eigenen Lademöglichkeiten, doch gibt es auch klare Schwächen, wie der einfach gestaltete Innenraum, Probleme beim Service und die Position als Schlusslicht in der TÜV-Statistik für junge Autos. Zudem drängt Tesla auf der Suche nach Stückzahlen in den Massenmarkt. Die Autos von Polestar laden bisher langsamer, haben aber ansonsten den Vorteil von hochwertigen Materialien und Design auch im Innenraum. Dazu steht den Kunden das Servicenetz von Volvo Cars zur Verfügung.
„Während Konkurrenten ohne Rücksicht auf den Wert der Gebrauchtwagen die Preise senken, haben wir unsere Position nicht verändert. Wir bleiben im Premiummarkt für Elektroautos und füllen gern die Lücke, die andere hinterlassen“, sagt Polestar-Chef Ingenlath. Zudem werde alles getan, um Geschäftskunden zufriedenzustellen, sagt Ingenlath vor dem Hintergrund, dass Tesla gerade wichtige Flottenkunden verloren hat.
Der Hoffnungsträger kommt mit Verspätung
Noch beschränkt sich das Angebot aber immer noch auf den 2020 präsentierten, ab 46.000 Euro teuren Polestar 2, weil sich die Markteinführung des ab 88.000 Euro teuren SUV Polestar 3 wegen Softwareproblemen verzögert hat. Für die zweite Jahreshälfte ist in Europa auch der Verkauf des ab 62.000 Euro teuren dritten Models Polestar 4 geplant. Das Design der weiteren Modelle, eine große Schräghecklimousine und ein Cabrio, ist bereits präsentiert worden, als Teil des Versprechens einer langfristigen Strategie. „Noch müssen wir große Ausgaben für unser Produktportfolio stemmen, das gilt für 2024 und 2025. Denn es ist eine große Anstrengung, uns von einem Anbieter mit einem Produkt auf drei und dann fünf bis 2026 zu steigern. Von diesen Produktplänen weichen wir nicht ab“, sagt Ingenlath.
Die Verkaufsziele von ursprünglich 80.000 und dann 60.000 Autos im Jahr 2023 wurden nicht erreicht, mit einem Absatz von schließlich 54.600 Polestar. Mit den Verkaufszahlen wurde auch ein Personalabbau von 15 Prozent der Belegschaft oder 450 Mitarbeitern angekündigt. Polestar werde gerade umstrukturiert von einem expandierenden Start-up zu einem Unternehmen in einer zweiten Phase, wo es noch mehr auf die Effizienz ankomme, sagt Ingenlath. Entgegen kommt ihm der Umstand, dass Polestar von vornherein mit begrenzten Investitionen und wenig Personal arbeiten sollte, denn für technische Plattformen und Produktion sorgen Volvo Cars und Geely. Polestar-Kunden könnten davon profitieren, dass Geely bei seiner Entwicklung von Technik für Elektroautos schnell vorankomme.
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Für Hoffnung sorgt, dass der als elektrischer Gegenspieler des Verbrenner-SUV Porsche Cayenne präsentierte Polestar 3 bei der Präsentation viel Aufmerksamkeit erzeugt hat. Zur Frage, ob denn in der Modellpalette ein Familien-SUV fehle, verweist Ingenlath auf den Polestar 4, den er als Cross-over mit Coupéform sieht. Bisher wurde das immer mit der Eigenheit präsentiert, dass es kein Heckfenster, nur eine rückwärtige Kamera besitze, ohne allerdings die technischen Konsequenzen zu erklären. Das Design ohne Heckfenster ermöglicht eine halbhohe Heckklappe für einen größeren Kofferraum, ohne dass damit Scharniermechanismen die geschwungene Form stören.
Ungewöhnliches Heck: Der künftige Polestar 4 hat eine Verstärkungsstrebe und das Scharnier für die Heckklappe, wo andere ein Fenster haben. Das Auto ist ohne Heckfenster.: Bild: Polestar
Könnte nun der Marktstart der wichtigen neuen Modelle von der schwachen E-Auto-Konjunktur beeinträchtigt werden? Natürlich gebe es Konjunkturzyklen, antwortet Ingenlath. Polestar konzentriere sich auf batterieelektrische Autos aus Überzeugung, dass dort die Zukunft des Automarktes liege. „Einerseits werden wir natürlich mit diesem Marktsegment wachsen. Andererseits haben wir aber ohnehin nicht die Absicht, ein Massenhersteller zu werden, daher entwickelt sich die Nachfrage nach Polestars sicher nicht ganz parallel zu der nach batterieelektrischen Autos.“ Ingenlath müht sich, für Polestar weiter eine rosige Zukunft auszumalen. Detailfragen, ob am Ende Geely oder Volvo mehr Polestar-Aktien besitze, stünden da nicht im Vordergrund.