Bemerkung: Dieser Bericht ist so geschrieben, dass auch «Nichtelektro-Fahrer» das Thema verstehen. Ich schreibe in «Schweizerischem Deutsch», verzeiht mir die Satz- und Formfehler. Weiter gebe ich hier nur meine Erfahrungen und die damit verbundene Meinung wieder. Und … 1 Franken = 1 Euro
Einleitung
Hoi zusammen
Schon immer wollte ich ans Nordkapp. Über denn Sinn dieser Reise habe ich mich nie gefragt. Das Nordkapp ist der mit dem Auto nördlichste erreichbare Punkt von Europa und schlussendlich «nur» ein Felsen am Meer.
Unüblich für mich wollte ich die Reise ungeplant angehen. Also einsteigen und losfahren. Nun, es kam anders. Logisch, ich «muss» immer alles bis ins Detail planen.
Alleine wollte ich diese Reise nicht angehen. Zu meinem grössten Glück, nicht nur für die Reise, habe ich eine geliebte Partnerin. Als ich von der Nordkapp Geschichte erzählte meinte Sie: Ja, da komme ich mit. Ich habe ja vorgewarnt, wir fahren elektrisch und die Reise dauert fünf Wochen. Nun es wurden vier Wochen und elektrisch blieb das Ganze.
Ja, die Reise war nicht CO2-neutral. Aber wir haben null fossile Brennstoffe getankt und immer darauf geachtet grüne Energie zu laden. Fahre elektrisch, egal welchen Hersteller du berücksichtigst.
Der «Plan»
Irgendwie musste ich ja die Route planen, ich kaufte mir das «Das Reisebuch Skandinavien» um die «Nice to See’s» herauszupicken. Mit der Software ABRP (abetterrouteplanner.com) habe ich mich dann an die Arbeit gemacht. ABRP ist sehr praktisch, es ist eine für Elektromobilität designte Software welche automatisch die Ladestationen der definierten Route anzeigt und in die Planung integriert. Zudem läuft die Software direkt auf meinem Polestar da dieser mit AAOS (Android Automotive OS) ausgerüstet ist. Um das Ganze abzukürzen: Auf dem PC via Webbrowser läuft die Software wunderbar, im Auto als AAOS App ist sie lahm und unbrauchbar. Die mit ABRP erstellten Routen lassen sich jedoch im Auto nach Google Maps exportieren und verwenden. Somit ist der Zweck der Planung erfüllt. Meine Berechnungen ergaben 9400 Kilometer, 140 Stunden Fahr- und 30 Stunden Ladezeit. Ups! Mit diesen Fakten «konfrontierte» ich meine Partnerin und sie war immer noch dabei.
Geht das mit Elektroauto?
Generell die Frage welche mich wie die Frage «Wie viel Reichweite hat der?» oder «Dauert das Laden lange?» zum Schmunzeln bringt! Skandinavien ist elektrisch. Speziell Norwegen, ich habe noch nie so viele Tesla, VW ID, Audio e-tron, Hyundai, Nissan Leaf gesehen. Dies nur ein Auszug. Speziell fand ich die Fahrzeuge welche ich noch nie gesehen habe: Hong Qi, BYD und Nio. Zu meiner Überraschung traf ich sehr wenige Polestar 2, ausser in den Städten. Man grüsst sich in Skandinavien als Polestar Fahrer… das war auch neu.
Es fanden sich auf der ganzen Route immer diverse Ladestationen zum Strom «tanken». Nur, eben ist das so eine Sache mit Elektromobilität. Man benötigt Apps und Ladekarten. Nach meiner Recherche fand ich dann schnell heraus, dass meine präferierte Karte von «Plugsurfing» zwar an den meisten Standorten funktionierte, aber zu Ladepreisen die ich dann doch nicht zahlen wollte. Und so beschaffte ich mir halt Ladekarten der skandinavischen Anbieter und installierte Apps wo es keine Karten zu bestellen gab. Mit den Karten und Apps der Anbieter virta.global, incharge.vattenfall.de, bilkraft.no, no.mer.eco/bli-ladekunde/, enbw.com, shellrecharge.com und natürlich bei ionity.eu, meinem Liebling, mit der Polestar Plugsurfing Karte, war ich bestens versorgt. Auf der Höhe Stockholm, quer durch bis nach Bergen ist dann jedoch fertig mit Ionity.
Zu EnBW: Die EnBW Karte wurde an vielen kommunalen Type 2 Säulen akzeptiert bei welchen keine anderen meiner Karten und Apps funktionierte. Die EnBW Karte habe ich immer im Notfall oder bei Faulheit benutzt.
Zu erwähnen sind auch die Tesla Supercharger (tesla.com). Hier konnte ich durch die Öffnung für Fremdfahrzeuge an Tesla V2 Ladern mit 75kW, an V3 Ladern mit 135kW laden. Ich habe mir gleich das Tesla Abo zugelegt welches ich nach den Ferien wieder gekündigt habe. Benötigt habe ich Tesla nicht, aber es hat Spass gemacht mal da anzustecken.
Genächtigt haben wir jeweils in Hotels, Ferienwohnungen und auf dem Camping in «Cabins», also diese schnuckeligen Häuschen. Bis auf wenige Ausnahmen verfügten alle Übernachtungs-möglichkeiten über Ladestationen, mal mit 11kW, mal mit 7.4 kW mal mit Schuko oder CEE 16/32.
Schätzungsweise 30% der Übernachtungsladepunkte waren kostenlos, der Rest via App oder SMS-Direktbuchung bei 15 bis 50 Rappen pro kWh. Teilweise konnte man auch eine Pauschale am Hoteldesk bezahlen. Diese lag meist bei 10 Franken unabhängig der geladenen Energiemenge.
Durch den, eigentlich nicht benötigten, Juice Charger (juice-world.com/juice-charger) konnten wir auch an den CEE/Schuko anstecken. Hier gilt es zu beachten, dass das norwegische Energienetz über eines zum restlichen Europa anderes Schutzleiterkonzept hat. Beim Juice Charger muss man dann auf «Norway» umstellen, sonst meldet er einen Fehler.
Ich empfehle jedem Reisenden immer über Nacht zu laden. Der nächste Tag beginnt dann nicht mit «Laden». Ich habe meinen Polestar über Nacht immer auf 100% gefüllt.
Generell hatte ich wenig Probleme mit Ladesäulen, keine oder nur kurze Wartezeiten und sehr nette «Ladeskandinavier». Auch in Deutschland sind die E-Fahrer sehr angenehm. Da wird gerne mal ein Ladepunkt frei gemacht wenn es jemand eilig hat. Ich hatte auf der ganzen Reise viele, viele interessante Gespräche an den Ladesäulen.
Ein einziges Mal, im Norden von Schweden zwischen Storheden und Övertornea, war die Situation mit den Schnelladern nicht so rosig. Wir konnten in Storheden in einem Einkaufszentrum zum letzten Mal vor Övertornea mit 50 kW laden. An diesem Lader luden aber alle Finnländer die nach Hause wollten. Der in Storheden ebenfalls verfügbare ABB Lader spuckte nur 25 kW raus obwohl er mit 125 kW beschrieben war. Kaffee und Campingstuhl und wieder ein paar nette Gespräche beim Laden.
In den Gebieten oberhalb Stockholms und Bergen sind die 50 & 125 kW Lader sehr weit verbreitet. Im Sharing mit zwei CCS oder einer CCS/CHADEMO Kombi halbiert sich die Leistung dann halt. Es gibt wirklich viele CHADEMO Lader an CCS Kombisäulen für die Nissan Leaf. Viele CCS Ladepunkte verfügen auch über zusätzliche Säulen mit 11/22kW Typ 2 Anschlüssen. Typ 1 Säulen habe ich nirgends angetroffen.
Die Säulen des Herstellers ABB habe ich aber nach Möglichkeit gemieden, weil oft: Abstürzt, Wackelkontakte und langsam auch wenn niemand anderes geladen hat. MER Norge nutzt dies sehr zahlreich. Auch der «Polestar Trick» Gummizapfen unter dem Ladestecker half nicht. Am zuverlässigsten waren die Säulen des Herstellers Tritium welche auch Ionity nutzt, immer volle Leistung und stabil.
Generell kann ich sagen: Säule funktioniert nicht, weiterfahren. Die üblichen Hotline Anrufe zum neu starten der Säulen bringen nichts. Die meisten hängen auch nach dem Neustart wieder.
Meine Strategie war: Immer die übernächste Ladesäule erreichen!
Die Route
Findest du hier.
Kurz zusammengefasst: Schweiz > Deutschland > Dänemark > Finnland > Norwegen > Dänemark > Deutschland > Schweiz
Distanz: 9329 km
Fahrzeit (ohne Fähren): 137 Stunden
Durchschnittsverbrauch: 20.7 kWh/100km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 70 km/h
Geschätzte Ladezeit, ohne Nachtladungen: ~ 30 Stunden
Geschätzte Fährzeit, inkl. Wartezeit: ~ 25 Stunden
Energiekosten, netto: ~ 600 Franken
Anbei der Screen mit den Daten, scheinbar hört der Stundenzähler bei 99 Stunden auf
Der Polestar 2, genannt Poli
Nachdem ich vor den Ferien noch die Antriebsregelung vorne sowie einen Leistungsregler ersetzen musste («Störung im Antriebsstrang») habe ich fest damit gerechnet stehen zu bleiben. Fast 10’000 km in vier Wochen? Das will der Poli nicht.
Da ich wirklich nicht musste ob mein Poli die Reise überstehen würde, habe ich das Fahrzeug nochmals gründlich durchchecken lassen. Polestar hat in der Schweiz einen tollen Service, mit Ersatzwagen, Abholung und proaktiver Kommunikation. Gekostet hat der Check nichts.
Nun, nichts da mit stehenbleiben! Fast keine Probleme, zuverlässig bis auf ein zwei TCAM Neustarts bei den Landeswechseln SE>FI und DE>CH sowie einmal nach einem «Funkloch» auf den Trollstigen.
… und die Heizung: Kurz vor Finnland bei 9 Grad Aussentemperatur wollte der Poli keine warme Luft mehr blasen. Erschwerend kann dazu, dass er die Zuluftklappen nicht schloss und wir trotz ausgeschalteter Lüftung mit kalter Aussenluft versorgt wurden. Nur das nicht dachte ich, nicht jetzt die Sch… Wärmepumpe und Heizung. Nun, als Polifahrer kennt man die Selbstheilung oder eben den Centerdisplay Reset oder eben «Fahrzeug ausschalten». Letzteres löste das Problem!
Der Reifendruck! Nach ca. 5000km waren rund ein Bar weg. Kurz Luft nachdrücken und wieder gut war.
Ah ja, noch zur Ladeplanung des Polestar 2: Die ist wirklich verbesserungswürdig. Viele Lader sind nicht ersichtlich gewesen. Die Filter funktionieren nicht wirklich («Nur Ionity» gefiltert, trotzdem war der ganze andere Ramsch zu sehen). Easy, ich habe jeweils EVMap auf meinem Google Pixel verwendet und die Ladepunkte direkt angefahren. EVMap ist ja nun, nach meinen Ferien, im Poli nativ verfügbar, aber unbrauchbar da es nur immer die Ladestationen «In der Nähe» anzeigt.
No Cash
Skandinavien ist digital. Bargeld wird nur mit einem «Naserümpfen» akzeptiert oder überhaupt nicht. Ich empfehle dir eine Prepay-Kreditkarte von Revolut (revolut.com/de-DE), dann entstehen keine teuren Transaktions- und Wechselgebühren. Der Euro ist ebenso nicht wirklich willkommen.
Sämtliche Zahlungen habe ich mit Google Pay und der damit verbundenen Revolut Karte ausgeführt. Selbst das «Cabin» im entlegensten Fjord wird mit Karte und Terminal bezahlt.
Mobilnetz
Nun, da gibt es nichts dazu zu sagen. Empfang überall! In jedem noch so abgelegenen Fjord oder in den Tunneln gibt’s 5G oder mindestens 4G. Die Skandinavier stellen da einfach einen Mast in den Wald oder ins Dorf. Bei uns gäbe es da tausend Einsprachen wegen «Strahlung» und «Tierschutz». Wir haben auf der ganzen Reise im Poli fast ausschliesslich TIDAL genutzt und somit gestreamt.
Was mir aufgefallen ist: Sobald wir wieder in Deutschland waren war fertig mit «Empfang überall!». Selbst auf Autobahnen gabs Funklöcher.
Maut … und die Fähren
Digital: So läuft das auch mit den Fähren und den Mautgebühren für die Strasse. Nach einer weiteren vorgängigen Recherche habe ich dann festgestellt, dass ich mein Fahrzeugkennzeichen registrieren sollte. Warum? Weil ich dann 30 – 50% Ermässigung auf alle Fähren, Tunnel, Brücken und Autobahnen kriege. Viele der Campertouris haben Ihre Kennzeichen nicht registriert. Nun, man bekommt dann einfach eine gesalzene Rechnung nach dem Urlaub, nach Hause. Weil: Sämtliche Kennzeichen werden digital registriert bei der Durchfahrt auf Brücken, Strassen, Tunneln oder der Nutzung der Fähren. Das Ganze nennt sich AutoPass. Ich habe jeweils meine Kreditkarte hinterlegt und bekam täglich die Abbuchungen in Echtzeit. Ich habe mich bei autopassferje.no, autopass.no und bei brobizz.com registriert.
Orientiert habe ich mich an dieser Seite, danke: roadsurfer.com/de-de/blog/maut-in-skandinavien-das-solltest-du-wissen/. Hat alles perfekt funktioniert!
Die Fähren sind meist easy und haben bei kürzeren Strecken einen angenehmen Takt von einer halben bis zu einer Stunde. Ausnahmen sind die norwegischen Fähren auf unserer Route in Brensholmen nach Botnhamn und von Gryllefjord nach Andenes. Diese beiden Fähren sind sehr klein und haben einen drei bis fünf Stundentakt. Wir haben beide mit jeweils drei bis vier Stunden Fahrzeit (Auto!) angefahren und mussten umkehren da die Wartespuren voll waren.
Weiter haben wir, wenn immer möglich, die grossen Fähren mit langen Fahrzeiten vorgebucht (DE>DK, NO>DK und Moskenes > Bodo).
Ah ja…. In Norwegen gibt es Gas/Elektro Plugin Hybrid Fähren! Hatte ich noch nie gesehen so was.
Ich hoffe ihr hattet Spass beim lesen.
PS Hier noch ein paar Bilder aus Gothenburg und Bergen > Klick
LG
Ivo
Anbei gerne ein paar Bilder der Reise: