Kann man mit einem Elektroauto vom Ruhrgebiet an die Coté d’Azur und entspannt Urlaub machen?
Kurzfassung: Man kann! Sehr gut sogar. Wenn man nicht kamerascheu ist.
Fahrzeug: PS2 LRDM 2022, SW 2.7
Reisetermin: Mai 2023
Vorwort
Wird etwas länger. Aber nicht vollständig, gäbe noch viel mehr zu erzählen. Vielleicht mache ich das andermal.
Vorbereitung
Leider habe ich mich zu spät darum gekümmert, daß man in Frankreich ja auf vielen Autobahnen Maut bezahlen muß. Habe gelernt, daß es Vorteile für eAutos bei der Maut gibt. Dazu benötigt man aber „Télépéage“. Da bekommt man einen kleine Transponder, der neben den Rückspiegel gepappt wird. Kann man online bestellen und bekommt dann das kleine Teil geschickt. Dazu muß man sich aber rechtzeitig kümmern. Wie gesagt: Habe ich nicht getan. Da wir aber schon Freitags losfuhren, konnte ich so in Metz zu einem Vertriebsbüro von Bip&Go und mir dort einen Transponder holen.
Mit dem PS2 muß auch eine Packreihenfolge festgelegt werden. Gibt ja mehrere Möglichkeiten. Was kommt in den unteren Kofferraum, was in den oberen und was in den Frunk? Da wir schon seit 30 Jahren solche langen Strecken nicht mehr am Stück fahren, war auf halber Strecke, in Dijon, eine Übernachtung geplant. Es hilft, die Dinge, die man für so einen Zwischenstopp benötigt, so zu packen, daß man da gut ran kommt. Hierzu zwei Tipps:
- Der untere Kofferraum ist eine schlechte Wahl.
- Wenn man es in einen Koffer packt, dann auch merken, in welchen.
Ideal ist es, daß in den Kofferraum des PS2 zwei Hartschalen-Rollkoffer nebeneinander passen. Als ob da jemand nachgedacht hätte. So passt alles wunderbar ins Auto (an Punkt 2 oben denken!)
Für die Zwischenübernachtung vorher ein Hotel reservieren, welches auch erlaubt Parkplatz mit Ladestation zu reservieren, macht die eAuto-Fahrt entspannt. Noch entspannter, wenn man für die richtigen Reisedaten reserviert.
Für die Tour habe ich mir das Premium-Abo von ABRP gegönnt und vorher einige Fahrten damit absolviert, damit dort ein vernünftiger Planungswert steht.
Also Strecke und Ladestopps in ABRP geplant und in der Cloud gespeichert.
Auf das iPad (größerer Monitor) ein paar Kurzvideos geladen, falls wir bei einem Ladestopp
Abends vorher Timer so einstellen, daß der Wagen zur geplanten Abfahrtszeit etwa 100% SoC hat.
Und dann war der Morgen der Abfahrt.
Die Hinfahrt
Mit etwa 96% SoC ging es los (Timer war zu eng eingestellt). Die Planung sah vor, in Luxemburg, Sennigerberg, Pause zu machen und zu laden. Wir hatten Regen und Gegenwind. Aber ABRP hatte so viel Reserve eingeplant, daß das locker passte. Wir sind allerdings nicht mit ABRP gefahren. Denn das ist quasi unbrauchbar im Auto. Reaktionszeiten jenseits 1 Minute, Abstürze, verlorene Routen und was weiß ich noch. Also in GM die Route erfassen und geplanten Ladestopp hinzufügen. Das ging noch ganz gut.
Was ABRP aber nicht eingeplant hatte: Kaffee trinken und WC-Besuch dauern viel länger, als der vorgesehene Stopp. Zur Abfahrt hatten wir also weit höheren SoC als geplant. Das wirft die Ladeplanung um. Auf dem Handy neuen Ladestopp geplant und in GM eingetragen. Dazu muß man aber erstmal herausfinden, wie denn in GM die Ladestation heißt. Der Name, den ABRP anzeigt, funktionierte hier nämlich nicht (das kam ziemlich oft vor). Das neue eintragen hat uns das CD einfach gemacht. Es hat nämlich während des Ladestopps mal wieder neu gestartet. Und es scheint so, daß GM dann, wenn es im Modus „Zwischenziel erreicht“ ist und man noch nicht „Weiter“ gedrückt hat, bei einem CD Reset die Route verliert.
Bis hierhin hatte das CD auch schon während der Fahrt zwei Mal von selber neu gestartet.
Da wir in Metz zum BIP Büro wollten und das über Mittag geschlossen hat, haben wir einfach mal vor Metz einen ungeplanten Ladestopp eingelegt, so daß wir zum Ende der Mittagspause bei BIP ankamen. Diese Ionity-Station hatte auch eine extra lange Bucht für Gespanne. Allerdings musste man dort auch rückwärts wieder raus oder halt vorher rein, je nach Position des Ladeanschlusses. Sie ist im Bild hinten zu sehen. An dem BIP-Büro in Metz bauen die gerade Ladestationen, waren aber noch nicht in Betrieb.
Nach Metz beginnen dann die privaten Autobahnen und das erste Mal Express bei der Maut.
Einfach genial. Es gibt an den Mautstellen speziell reservierte Spuren, durch die man mit 30 km/h durchfährt. Man hört einen „Bip“ vom Transponder und dann geht die Schranke hoch. Manchmal sind die etwas langsam, also besser mit 25 km/h und man muß nicht bremsen. Sie funktionieren auch auf den anderen Spuren, aber da muß man anhalten und warten. Die Express-Spuren sind meist ganz links und auch mal welche ganz rechts, was besser ist, wenn man nach der Mautstelle abfahren muß.
Einfach genial mit dem PS2. Nach der Mautstelle ist ja quasi „fliegender Start“ und man kommt sehr zügig aus dem Getümmel und reist weiter.
In Dijon haben wir dann festgestellt, daß die Hotelwahl sehr gut war, aber die „Ladestation“ aus einer 220V Steckdose besteht. Ich hatte vorher davon gelesen, daß sowas in Frankreich weithin verbreitet ist, aber war da nicht drauf vorbereitet. Also erstmal das Ladekabel raussuchen und auspacken (hatte ich noch nie verwendet). Die 2 kW Leistung passten auch nicht wirklich zur Planung. Aber was soll’s.
Am nächsten Tag also erstmal neue Ladestopps planen. Da ABRP ja flexibel wie ein Stück Krupp-Stahl ist, erstmal mit GM versucht. Aber keine Chance. Der schlägt doch tatsächlich Ladestationen vor, die nicht zu erreichen sind. Und sagt das auch noch.
Oder schlägt 11 kW Lader vor, obwohl anderer Filter eingestellt oder schlägt welche soweit ab der Route vor, daß es sicher unsinnig ist. Auch die Karte verschieben und „hier suchen“ brachte nichts. GM sprang immer wieder zur alten unsinnigen Auswahl zurück. Also doch wieder ABRP anschmeißen, Ladestation raussuchen, Adresse raussuchen, in GM schauen was an der Adresse ist und dann rumprobieren, bis man den Begriff gefunden hat, unter dem GM eine Ladestation erkennt. Sonst fehlt ja die Vorkonditionierung.
Hier stellt sich heraus, daß es sinnvoll ist Beifahrer volle Einweisung in Bedienung des CD, ABRP, GM und der Tools auf einem weiteren Gerät (Smartphone, Tablet) zu geben. Nur mit Bordmitteln wird es echt unschön.
Auf der privaten Autobahn ist dann alle 30 bis 40 km ein großer Rastplatz. Es ist vorher ausgeschildert, ob eine Ladestation da ist und wann die nächste ist (Spoiler: Auf der AR du Soleil war bei uns bis Mornas an JEDEM Rasthof eine große Ladestation (6 oder mehr Schnellladeplätze).
Während wir in Urlaub waren, wurden auch weitere im Süden in Betrieb genommen und weitere aufgebaut. Wer also nächsten Monat fährt, wird auch im Süden mehr finden. Es gibt auch, wie auf dem Bild zu sehen, manchmal Ladebuchten für Behinderte. Das sollte man beachten! Wir haben gesehen, wie jemand ein Knötchen bekam, der dort laden wollte und ohne Probleme aus seinem Tesla ausstieg und keine Bescheinigung vorweisen konnte.
Und an jeder Ladesäule konnte man auch mit Kreditkarte zahlen. Man braucht also nicht unbedingt eine Ladekarte. Keine Ahnung, ob das tatsächlich immer so ist in F und ob man diese Info vorher irgendwie bekommen kann. Da ich eine Fuhrpark-Karte habe, brauchte ich mir auch keine Gedanken über Netz machen (eBorn, Fastned, Ionity, TotalEnergies und ShellRecharge habe ich oft gesehen). Für andere vielleicht eine Aufgabe zur Vorbereitung.
Die Rastplätze alle neu (nicht so ein Gerümpel wie vor 30 Jahren), großzügige Ladeparks, dicht am Gebäude, Picknick-Bereiche, kostenloses Trinkwasser und viel mehr. Da macht man gerne Pause. Hab für Espresso 2 EUR bezahlt. Was kostet der in D an einer Raststätte?
In Lyon endet dann kurzzeitig die Autobahn. Hier gibt es, je nach Auslastung, eine Umweltspur. Das ist die ganz linke. Mit zwei oder mehr Personen im Fahrzeug oder mit Elektro-Fahrzeug darf man diese Spur verwenden. Was ich vorher nicht wusste: Die deutsche Umweltplakette wird in Frankreich nicht anerkannt. Man darf also mit dem PS2 nicht so einfach Vorrechte für eAutos in Anspruch nehmen (Umweltspur, Einfahrt in Umweltzone). Dazu braucht man die französische Plakette. Kostet 4,61 EUR inklusive Versand: Umweltplakette in Frankreich: Wer braucht sie? Wo kann man sie kaufen?
Das ist wichtig, wenn man nach Paris, Marseille, Nizza, Aix-en-Provence und ein paar andere Städte möchte!
Irgendwann wechselte die Software der Ladesäulen. Ist uns zuerst bei einer Ionity in Allan begegnet, habe ich aber im Süden an vielen Säulen verschiedener Anbieter gesehen. Hier war es notwendig, erstmal das Kabel einzustecken, wenn im Display „Connection ok“ erscheint, auf „Depart“ tippen. Das bedeutet nicht „Abfahrt“, sondern „Weiter“. Muß man erstmal drauf kommen. Dann Zahlungsmethode auswählen und entsprechende Karte vorhalten (oder im Smartphone aktivieren). Andere Reihenfolge funktioniert da nicht.
Im Süden, also so ab Aix-en-Provence, wurden die Schnelllader rar. Aber wir mussten nicht mehr laden und kamen gut an.
Allerdings war so langsam zu sehen, daß die VZE auf Google-Daten zugreift, die für ein anderes Frankreich sind. Sie hatten mit der Realität nicht viel zu tun. In Frankreich gilt auf Autobahnen meist 130. Bei Regen 110. Die VZE kann 110/Regen anzeigen. Tut sie auch, aber keine Ahnung wann. Bei Sturzregen (hatten wir zwischendurch) zumindest nicht. Bei praller Sonne und trockener Straße allerdings schon. Vielleicht lag es daran, daß der Scheibenwischer genau einmal ging weil ein Insekt vor dem Sensor klebte? Die ganze Tour lag die VZE mit 110/Regen zielsicher daneben. Es gibt auch Autobahnstücke im Süden, auf denen pauschal nur 110 erlaubt sind. Trotzdem zeigt die VZE 130 an. Aber bei Innenstadtstraßen in Hyères wird auch schon mal 110 oder 130 angezeigt. Je weiter nach Süden, desto unsinniger die VZE. Meist erkennt die Kamera ja die Schilder. Aber wenige Sekunden später verschwindet das korrekte und es wird Unsinn angezeigt.
Wer gerne inkognito reist, sollte nicht mit dem PS2 in den Süden reisen. Denn der PS2 scheint dort weitgehend unbekannt. Man wird überholt und dann ausgebremst, um selber zu überholen, damit Beifahrer und auch Fahrer einen guten Blick auf einen bekommen können. Menschen bleiben stehen um dem Auto nachzuschauen und man fühlt sich fast überall beobachtet. Keine Ahnung, auf wie vielen Videos wir zu sehen sind. Also vielleicht ein wenig Werbung in die Fenster hängen?
Cote d’Azur
Es ist da ja bergig. Und es macht einen riesen Spaß, mit dem PS2 dort rumzufahren. Er ist entgegen den Erwartungen sowas von sparsam. Die Berge schlagen sich nicht wirklich negativ im Verbrauch nieder, Rekuperation sei Dank. Die Strecke Le Pradet nach Cavallaire-s/mer und zurück für 15 kWh/100km entlang der Küste. Und jederzeit genug Power um die Berge elegant hochzukommen.
Ich sagte ja schon, im Süden werden die Lader weniger. Aber nur die Schnelllader. Bis 22 kWh Lader gibt es an jeder Ecke. Also alles zwischen 2 kW und 22 kW. Typ 2 oder auch Schuko. Auch in vielen Parkhäusern. Allerdings werden die Lader auch gerne zugeparkt, denn z.B. in Toulon und in Hyéres braucht man am Lader keine Parkgebühren zu zahlen. Aber die Schilder sind halt „Parken verboten, außer eAuto“. Stehen also auch mal welche, die nicht laden, oder Verbrenner. Ähnliche Seuche wie hier.
Es lohnt sich, die Bedingungen für die Lader nachzuschauen. Es gibt Lader mit Pauschalpreis pro Stunde, es gibt welche mit „kostenlos bis 8 kW, darüber x EUR pro Stunde“ und alle möglichen Varianten. Schnelllader sind aber (noch) selten. Allerdings stehen bei LIDL welche. Die werden als 150 kW angezeigt, sind aber 120 kW/800V Säulen. Also mit dem PS2 nur 60 kW. Dafür für 0,25 €/kWh. Wir kennen jetzt einige LIDL im Süden.
Zur Suche nach einem Lader ist es hilfreich, immer mal nachzuschauen, ob entweder ABRP oder GM einen Belegungsstatus für die Lader anzeigen. Wenn das nämlich grau ist, dann sind die Chancen gut, daß es die Ladestation noch nicht gibt. Das haben wir öfter gesehen. Dort werden überall Ladestationen gebaut, und daher ist da vieles in Bewegung. Oder die Datenbanken sind auch mal einfach Müll (wie das Bild von ABRP zeigt).
Zur Technik des PS2: Der Kollisionswarner schlägt an, wenn man durch die Berge fährt und da ein Auto in der Kurve parkt. Oder wenn man durch die Stadt fährt und Autos am Rand parken. Oder Autos im Kreisverkehr parken. Er schlägt nicht an, wenn einem einer auf der eigenen Spur entgegen kommt (mehrmals verifizieren können).
Rückfahrt
Irgendwie hatten wir es geschafft, einen Hauptreisetag für die erste Etappe unserer Rückreise ausgesucht. Das gab uns reichlich Möglichkeit, den ACC zu verfluchen. Denn während der bei einem LKW irgendwann ganz plötzlich den Anker wirft, macht er das nicht, wenn man auf einen Stau auffährt. Dafür verzögert er, wenn jemand auch nur auf seiner Spur ein wenig in Richtung der eigenen Spur „eiert“ oder wenn die Sonne falsch steht oder Mond im sechsten Haus steht oder sonstwas. Er verzögert aber nicht, wenn der Vorausfahrende eine Vollbremsung macht und der Kollisionswarner anspricht.
Trotz vieler eAutos in Frankreich und dem dichten Verkehr, mussten wir nur einmal an einer Ladestation warten, weil ein Verbrenner die Bucht zuparkte und deswegen „1 frei“ angezeigt wurde. Der war glatt zu faul, auf den normalen Parkplatz zu fahren.
GM hat auch hier alles gegeben, eine unsinnige Ladeplanung zu liefern.
Durch einen blöden Fehler, mussten wir in Dijon in ein anderes Hotel. Auch mit eigenem Parkplatz und Ladestation. Diesmal Typ 2 mit 3,6 kW. Und schöner Ikonographie.
Zum Thema direkt vor Ort zahlen, sieht man in Frankreich auch teilweise, wie offen mit umgegangen wird:
Ich habe öfter gesehen, daß direkt zahlen günstiger war als über meine Karte. Sollte man vielleicht vergleichen, bevor man die Vertragskarte zückt.
Ach ja: Auf der Rückfahrt, kurzes Laden in Remscheid (A1), waren wir 2 PS2 und als wir wegfuhren kam ein anderer PS2 zum Laden. Also in ganz F keinen weiteren gesehen und in Remscheid direkt zwei andere.
Gesamtfahrstrecke 3998 km, geladene Energie 699 kWh
Das soll es erstmal gewesen sein.
Ach ja, PS2 Software: Das CD hat mehrmals am Tag neu gestartet. Mit 2.7 ist da echt was kaputt gegangen. Wenn man im CarPlay Zoom betätigt, verliert GM seine aktuelle Route. GM kalkuliert Müll bei Stau auf der Strecke (z.B. bei Mautstationen). Wenn Radio in den Alpen ausfällt, hilft CD Restart. Die 360° Kamera erscheint gerne mal, wenn man quasi schon das Auto verlässt (also eingeparkt hat). Wenn CD neu startet, mehrere Minuten in Ruhe lassen. sonst startet es gerne sofort wieder neu. Das CD kann überhitzen, wenn man Klima ausschaltet und an Ladestation steht und Radio hört (keine Sonneneinstrahlung).