Hi Leute,
wie der eine oder andere weiß, war oder bin ich dem Polestar 2 sehr wohlgesonnen und hatte auch keine wirklichen Probleme mit ihm. Bei mir lief eigentlich soweit alles rund. Dennoch habe ich mich jetzt dazu entschlossen ihn zu verkaufen und mir ein anderes Elektroauto zu kaufen. Warum ich ihn verkaufe, möchte ich kurz hier schildern.
Ich habe den Polestar 2 Ende September bekommen und bin auch soweit sehr zufrieden mit dem Fahrzeug. Mir gefällt vor allem sein Fahrwerk, er liegt einfach satt und wie ein Brett auf der Straße und es macht einfach Spaß mit ihm Kurven zu fahren und jederzeit das Gefühl zu haben, dass er sich in die Straße festgekrallt hat. Einfach genial.
Auch das Design und die Verarbeitung können mich voll überzeugen. Das Teil sieht einfach geil aus. Das kantige Äußere erinnert mich immer ein wenig an ein Tarnkappenflugzeug. Sieht schon Hammer aus.
Gut gefällt mir auch der Kofferraum. Man hat einfach gut Platz und kommt auch gut ran.
Und vergessen darf man natürlich nicht die Beleuchtung. Die Matrix LED sind einfach genial und auch das Licht sieht einfach sehr schön aus.
Warum verkaufe ich ihn dann?
- Software-Entwicklung
Der Hauptgrund ist tatsächlich das langsame Voranschreiten bei der Softwareentwicklung. Ich habe mir da VIEEEEEEL mehr vorgestellt. Ich dachte wirklich, dass das ein Model 3 nur mit richtig guter Hardware sei. Immerhin ist Google mit an Bord. Ich dachte das geht da Schlag auf Schlag. Jedes OTA Update würde neue coole Änderungen bringen und der App Store würde ständig viele neue Apps haben. Fakt ist aber, dass bisher so gut wie gar keine Apps kamen, maximal die EasyPark App und die Videoplayer App, aber die kamen von Polestar selbst. Großteils gab es bisher auch nur Bug Fixes und das letzte Update hat vor allem eine Verbesserung der Soundeinstellungen mit sich gebracht, was ich erstmal als nicht so wichtig erachte. Insgesamt finde ich es also sehr ernüchternd. Da gibt es soviele andere Baustellen, die es zu bearbeiten gilt.
Bei Tesla hat man den Autopilot, der einfach wirklich gut ist und immer besser wird. Mittlerweile erkennt der auch Verkehrszeichen und Ampeln, wenn auch noch nicht perfekt, ist dennoch bei Tesla davon auszugehen, dass es besser wird. Die aktuelle Beta aus den USA sieht wirklich beeindruckend aus. Bei Polestar bin ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob die jemals die Verkehrszeichenerkennung verbessern werden. Stattdessen wird dann eben an so Sachen wie den Soundeinstellungen optimiert.
- Ladesäulen-Infrastruktur
Den zweiten Grund kann man eigentlich auch Tesla nennen. Bei meiner einzigen Langstrecke stand ich an mehreren Ladesäulen, die ausgefallen waren, während nebenan die Supercharger zuverlässig ihren Dienst vollführten. Ich musste dann sogar die Strecke zurückfahren, um überhaupt mein Fahrzeug laden zu können und auch da ist die Ladesäule ausgefallen und ich musste beim Betreiber anrufen, damit der diese rebootet. Ging gar nicht die Erfahrung. Das hatte ich auch in meinem Erfahrungsbericht bereits geschildert.
Für mich ist das Supercharger-Netz einfach das Killer-Argument für Tesla. Momentan hat Tesla bereits über 600 Standorte mit Superchargern in Europa und ist damit für mich das beste und zuverlässigste Ladesäulen-Netzwerk. Zum Vergleich hat Ionity momentan knapp 340 Standorte und hat somit sein Ziel von 400 Standorten noch nicht mal erreicht. Auch ist die Anzahl der Ladesäulen pro Standort ein Unterschied. Bei Tesla hat man oft 10 – 20 Säulen, während man sich bei anderen oft mit 2-4 Säulen zufrieden geben muss. Wie soll das erst werden, wenn immer mehr E-Autos auf die Straßen kommen? Hinter IONITY stehen VW, Mercedes, BMW, Ford und Hyundai/KIA. In Summe verkaufen die viel mehr Elektrofahrzeuge. Und für Besitzer dieser Fahrzeuge bieten sie auch günstige Ladetarife (ca. 30 Cent/kWh). Müssten die nicht an ihren Standorten dann auch so 20-40 Säulen haben, um gut gerüstet für die Zukunft zu sein? Ich ahne da echt böses, wenn sich jetzt immer mehr Elektroautos verkaufen, wird es da über kurz oder lang zu langen Warteschlangen kommen.
Ich möchte mit dem Auto auch lange Fahrten durch Europa absolvieren, aber nach den Erfahrungen hätte ich mit dem Polestar da echt Sorge nur auf die lokalen Anbieter von Ladesäulen angewiesen zu sein. Dieses ganze Chaos mit den Ladekarten nervt einfach. Ich hatte Maingau, Plugsurfing, EnBW und Co. Und trotzdem wurden mir diese Ladekarten teilweise abgelehnt, obwohl sie eigentlich funktionieren sollten.
Tesla hingegen baut sein Supercharger-Netz immer weiter aus. Da steckt man einfach den Stecker ein und er lädt. Natürlich wird es auch bei den normalen Ladesäulen in Deutschland besser, aber was ist mit dem Rest von Europa? Ich will auch nach Italien, Frankreich usw. ohne Probleme und Sorgen fahren. Und Tesla baut ja auch weiter aus, was man eindrucksvoll immer wieder in den wöchentlichen Nextmove-News bei YouTube sehen kann. Insofern hat man bei Tesla tatsächlich den Vorteil von Supercharger + alle anderen Ladesäulen.
- Reichweite
Und dann natürlich auch die Reichweite. Die Teslas sind einfach sehr windschnittig entwickelt worden. Dadurch kommt man viel weiter, was natürlich auch bei Langstrecken ein Vorteil ist.
Der Polestar 2 hingegen ist echt energiehungrig. Im Winter habe ich bei meinen Kurzstrecken (ca. 10 – 20 km) immer so Verbräuche von 30 – 40 kWh gehabt. Das ist mir tatsächlich einfach zu viel.
- Zuverlässigkeit
Insgesamt benötige ich ein Auto, auf das ich mich verlassen kann. Dazu gehören eben die oben genannten Punkte, aber auch das Auto selbst muss einfach zuverlässig funktionieren.
Beispiel: Ich musste neulich die eingelagerten Sommerreifen abholen, da ich diese mitverkauft habe. Bin also zum Servicepartner gefahren. Kurz davor hatte ich eine Warnmeldung im Display bekommen, dass der Außensound-Generator ausgefallen wäre. Habe mir dabei nur gedacht, dass das jetzt nicht so wild wäre und ich dann dafür nochmal einen extra Termin machen würde. Als ich dann beim Servicepartner ankam und die Reifen eingeladen habe und losfahren wollte, ist der Polestar komplett ausgefallen. Er stand also direkt vor dem Werkstatt-Tor, wo ich gerade die Reifen eingeladen hatte und fuhr einfach nicht mehr. Ich konnte es echt nicht fassen. Die Leute von K&P waren echt super und haben den Wagen direkt in die Werkstatt geschoben, ich habe einen Ersatzwagen bekommen und konnte mir dann nach zwei Tagen den Wagen wieder abholen. Es lag tatsächlich am Soundgenerator. Er meinte, dieser wäre defekt gewesen und hängt so ungünstig im Canbus und hätte so das gesamte System lahmgelegt. Und das ist genau so eine Erfahrung, die ich einfach nicht haben muss. Wenn schon so ein in meinen Augen unwichtiges Teil wie der Außensoundgenerator das ganze Fahrzeug lahmlegen kann, was kommt dann als nächstes? Glühbirne defekt = Totalausfall? Man weiß es nicht. Da habe ich einfach auf Dauer keine Lust drauf. Was ist, wenn ich gerade irgendwo anders gewesen wäre mitten im Straßenverkehr oder auf Reisen in der Pampa?
Überzeugen tut mich bei Tesla auch der Service mehr. Ich finde es cool, dass man Werkstatttermine ganz einfach über die App buchen kann (soll ja dann auch evtl. bei Polestar kommen). Bei Tesla funktioniert aber vieles schon zu zuverlässig, was ich mir bei Polestar erhofft habe. Und demnächst öffnet auch ein weiteres Tesla Servicecenter bei mir direkt um die Ecke.
Natürlich hat mich bisher die Qualität bei Tesla gestört. Aber da hat sich in letzter Zeit sehr viel getan, von aktuell ausgelieferten Modellen höre ich eigentlich nur Gutes.
Ich fand Tesla schon immer gut, auch bevor ich den Polestar gekauft habe. Deswegen habe ich mich jetzt dazu entschlossen den Polestar 2 zu verkaufen, um nicht so einen hohen Wertverlust zu haben und habe mir das Model 3 bestellt.
Würde ich den Polestar 2 weiterempfehlen?
Damals hatte ich mich eigentlich schon für das Model 3 entschieden, hatte die 100 EUR angezahlt. Dann kam der Polestar 2 und ich habe mich umentschieden und mich entschlossen ihn zu kaufen und habe die Model 3 Bestellung storniert.
Meine Hoffnung war, dass der Polestar 2 das bessere Model 3 wird: Google als Software-Genie im Background, OTA Updates wie bei Tesla, sogar ein eigener App Store mit hunderten Apps und dazu eben noch geile Hardware wie Matrix-LED, bessere Dämmung, großer Hatchback-Kofferraum, hohes Sicherheitsversprechen dank Volvo als Entwickler. Insgesamt ist er nach wie vor ein schickes Auto, aber eben nicht wie erhofft der Model 3 Killer und die Hardware ist eben auch noch nicht so robust wie erhofft.
Man schaue sich auch gern mal die Erfahrungen von Techniklike bei YouTube an, der seit kurzem einen Polestar 2 hat. Da sieht man eigentlich ganz gut, wie es sich so damit verhält. Das Video zeigt es eigentlich ganz deutlich mit den Ladesäulen im Vergleich zum Model 3:
Aber dann eben auch seine Erfahrungen mit Nicht-Funktionieren des Fahrzeugs, die hier nochmal besprochen werden:
Oder eben auch in seinem eigenen Video:
Dieses Gefühl habe ich eben auch so mit dem Polestar dann letztendlich gehabt. Ich sage mal so, wenn es Einzelfälle wären. Aber es ist eben so, dass ich durch dieses Forum hier und auch eben bei YouTube mitbekommen habe, dass es immer wieder vorkommt.
Ich sage mal so, wem das reine Auto wichtig ist, der wird mit dem Polestar 2 vermutlich mehr Spaß haben, da er eben ein supergutes Fahrwerk hat, eine gute Verarbeitung, ein schönes Interieur und sich einfach genial fährt.
Dennoch bin ich das Model 3 Probe gefahren und fand es vom Sitzkomfort besser. Und auch das Fahrwerk war jetzt nicht gefühlt schlechter. Keine Ahnung, ich hätte mir da wirklich Schlechteres erwartet. Aber hier hat Tesla sich ja anscheinend auch verbessert. Insgesamt hat sich das Model 3 2021 fast genauso gefahren wie der Polestar 2, eben nur mit mehr Platz, der besseren Software, mehr Reichweite und dem Wissen, dass man die Supercharger hat. Das Model 3, welches ich gefahren bin, zeigte bei 8 Grad Außentemperatur einen durchschnittlichen Verbrauch von 14 kWh auf den letzten 50 km an! Wenn man dabei berücksichtigt, dass eben die Probefahrzeuge auch meist nur für Kurzstrecken benutzt werden, ist das echt schon beachtlich. Und auch das Soundsystem hat mich total überzeugt. Ich habe tatsächlich noch nie einen so guten Sound in einem Auto gehört wie im Model 3 Long Range! Ich freue mich da echt sehr drauf.
Wer auch gern Langstrecken fahren will und auch auf neue Technik steht und ein vor allem ausgereiftes Fahrzeug, auf das er sich verlassen kann, dem würde ich mittlerweile also eher einen Tesla empfehlen. Mich interessiert tatsächlich jetzt auch kein VW, Ford oder sonst was mehr. Den IONIQ 5 finde ich noch ganz cool, hat aber eben auch den Nachteil, dass es kein Supercharger-Netz gibt.
Vergleicht man zudem mal bei ABRP den IONIQ 5 mit dem Model 3 bei diversen Routen, wird man feststellen, dass man mit dem Model 3 trotzdem schneller und günstiger ankommt. Das kommt eben daher, dass es effizienter ist und man nicht so viel laden muss.
Für mich sind die Supercharger das Killerargument und deswegen kann es für mich jetzt auch nur noch ein Tesla werden. Aus meiner Sicht haben die anderen Hersteller hier alle einen RIESIGEN Nachteil gegenüber Tesla. Und als Technik-Nerd, welcher ich bin, stand Tesla eigentlich auch schon immer an erster Stelle. Ich dachte Google könnte es auch werden, denn Google-Produkte sind auch immer sehr gut, aber bisher ist es das leider nicht.
Ihr könnt es anders sehen. Ich war dem Fahrzeug immer sehr positiv gegenüber eingestellt. Aber ich freue mich jetzt wirklich sehr auf mein Model 3. Hinzukommen auch die Verkaufszahlen vom Polestar 2, die mich jetzt auch nicht wirklich überzeugen. Mit monatlich 100-200 Fahrzeugen, die in Deutschland verkauft werden, kann man auf Dauer wirklich nichts reißen.
Ich wünsche euch, dass es besser wird und dass ihr diese Probleme mit dem Polestar 2 nicht habt. Ich will das Fahrzeug auch nicht schlecht machen, es ist nach wie vor schön und ein echter Hingucker, aber das reicht mir auf Dauer eben nicht.
Ich hoffe, ich konnte meine Beweggründe etwas zusammenfassen und möchte hier auch nicht als Teslafanboy oder so rüberkommen, denn dieses Tesla in den Himmel loben und alles andere ist schlecht mag ich eigentlich auch überhaupt nicht.
Ich wünsche mir einen diversen Elektroauto-Markt und hoffe, dass die Elektroauto-Mobilität sich vielfältig entwickelt und die anderen Hersteller endlich mal aus ihrem Dornröschen-Schlaf aufwachen.
IONITY muss einfach vorpreschen, genauso wie die anderen Ladesäulen-Anbieter. Wenn ich aber jetzt schon wieder lese, dass VW auch erwägt ihr eigenes Ladesäulen-Netz aufzubauen, dann weiß ich nicht, wie es um die weitere Entwicklung von IONITY bestellt ist. Und nach wie vor die Frage, warum ist Volvo/Polestar nicht schon längst auch dabei?
Naja, ihr seht, letztendlich sind da viele Gründe, die mich zum Verkauf bewegt haben. Ich war einfach am Ende nicht mehr grün mit dem Polestar und bereue daher auch nicht meine Entscheidung ihn verkauft zu haben.
Ein Verbrenner käme für mich aber auch nicht mehr in Frage!
Wer will, kann sich auch gern noch mal meinen kompletten Erfahrungsbericht durchlesen, da werdet ihr sehen, dass ich dem Polestar 2 ansonsten sehr positiv gegenüber stand.